Österreich

Verhütungsspirale gebrochen: Start für ersten Prozess

750 Frauen in Österreich sind vom Bruch der Eurogine-Verhütungsspiralen betroffen. Am Dienstag erfolgte in Fürstenfeld (Stmk.) der Prozess-Auftakt.

Christine Ziechert
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Auch bei Sandra G. <em>(Name geändert)</em> aus Wien brach der Seitenarm der Spirale ab.
Auch bei Sandra G. (Name geändert) aus Wien brach der Seitenarm der Spirale ab.
privat

Wie "Heute" mehrfach berichtete, kam es bei Gold- und Kupfer-Spiralen der spanischen Firma Eurogine wegen eines Materialfehlers zum Bruch der Seitenarme – diese mussten teils operativ entfernt werden, dutzende Frauen wie Ines K. wurden zudem schwanger. Bisher haben sich in Österreich 750 Betroffene beim Verbraucherschutzverein (VSV) gemeldet. Interessanter Aspekt: Frauen, die eine Abtreibung vornehmen ließen, können Schadenersatz aufgrund des Eingriffs geltend machen. Betroffene, die sich für das Kind entschieden haben, können zwar generell Schmerzensgeld einklagen, aber keinen Schadenersatz in Bezug auf das geborene Kind, denn: "Ein Kind gilt vor dem Gesetz nicht als Schaden", so VSV-Obmann Peter Kolba.

Am Dienstag erfolgte am Bezirksgericht Fürstenfeld (Stmk.) der knapp einstündige Prozess-Auftakt für jene Betroffenen, die über eine eigene Rechtsschutzversicherung verfügen. Alle anderen Frauen werden durch den VSV in einer Sammelklage vertreten. Verhandelt wurde der Fall von Anna P. (Name geändert).

"Ich habe horrende Schmerzen in Kauf genommen" - Klägerin Anna P. (43)

Die 43-Jährige wollte im September 2020 nach fünf Jahren ihre Gold-T-Spirale tauschen. Dabei entdeckte ihre Gynäkologin, dass ein Seitenarm abgebrochen war und sich noch immer in der Gebärmutter befand. Nachdem dieser während der nächsten Menstruation nicht ausgeschieden wurde, begann die Steirerin eine zehntägige Hormon-Behandlung – doch auch diese zeigte keinen Erfolg: "Schließlich entschied ich mich für eine Probe-Curettage. 30 Minuten lang habe ich die horrenden Schmerzen in Kauf genommen, um eine Operation zu vermeiden", so Anna P. zu "Heute".

Aber auch dieser Eingriff beförderte das Ärmchen nicht zu Tage, Anna P. benötigte eine OP unter Vollnarkose in einer Wiener Privatklinik. Die Steirerin fordert nun für die erlittenen Schmerzen und die Kosten des Eingriffs rund 6.500 Euro von Eurogine: "Die Firma muss für diesen Materialfehler gerade stehen", meint die Büro-Angestellte. "Es war ein langwieriger, belastender und schmerzhafter Prozess für meine Klientin", ergänzt Anwalt Alexander Klauser.

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    Kein Vergleichsangebot von Eurogine

    Eurogine wies bisher die Schuld von sich und ist der Meinung, dass die Händler der Spiralen sowie die nationalen Behörden, die sehr wohl informiert worden seien, die Ärzte und Anwenderinnen hätten warnen sollen. Auch am ersten Verhandlungstag blieb das Unternehmen dabei, ein Vergleichsangebot gab es daher nicht. Zudem fordert Eurogine einen Nachweis von Anna P., dass sie eines ihrer Produkte verwendet hatte und aus welcher Charge dieses gewesen sein soll.

    Der Prozess wird am 9. September fortgesetzt. Dann werden Anna P., ihre Gynäkologin, ein Vertreter des geklagten Unternehmens sowie ein Tiroler Gynäkologe befragt, der eine Statistik über seine betroffenen Patientinnen erstellt hat: Demnach soll bei 24 von 38 Frauen ein Spiralen-Bruch eingetreten sein. Dies soll Aufschluss über die Häufigkeit des Materialfehlers geben, Eurogine spricht ja bisher von einer geringen Fallzahl. Zudem wird ein Sachverständiger bestellt, dessen Gutachten im September wohl aber noch nicht vorliegen wird. 

    Weitere Prozesse ab September

    Ebenfalls im September startet ein weiterer Einzelprozess am Bezirksgericht Gänserndorf, im Oktober einer am Landesgericht Wiener Neustadt (beide NÖ). Auch die Republik Österreich wird sich wegen einer Amtshaftungsklage verantworten müssen. Denn laut Kolba hat die Bundesagentur für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) erst im Herbst 2020 auf ihrer Webseite vor den Materialfehlern gewarnt, obwohl der Hersteller bereits 2018 die nationalen Behörden informiert hatte.