Vizekanzler teilt aus
"Verhöhnung des Volkes" – Kogler tobt über Kickl-FPÖ
Trotz schlechter Umfragewerte nach dem Schilling-Skandal nimmt sich Grünen-Chef Kogler kein Blatt vor den Mund, schießt scharf gegen die FPÖ.
Am 9. Juni wird ein neues Europaparlament gewählt. Die FPÖ mit Spitzenkandidat Harald Vilimsky führt in allen Umfragen, die Grünen sind zuletzt sogar hinter die NEOS zurückgefallen. Schuld daran ist die schmachvolle und teilweise selbstverschuldete Demontage in Folge des Skandals um Lena Schilling – "Heute" berichtete ausführlich.
Auch wenn die düsteren Vorzeichen auf Untergang stehen, kampflos wird dieser nicht sein. Grünen-Chef Werner Kogler nimmt in einem am Donnerstagfrüh veröffentlichten Interview mit der "Kronen Zeitung" seine junge Spitzenkandidatin weiter in Schutz und teilt scharf gegen Rot und vor allem Blau aus.
Über den Bohrn-Mena-Skandal
Die missglückte Krisenkommunikation seiner Partei ist für Kogler mit seiner und Olga Voglauers öffentlichen Entschuldigungen für ihre verbalen Ausrutscher offenbar erledigt. Er hält am Schulterschluss mit Schilling fest: "Es ist aber legitim, sich zu wehren, wenn aus privaten Chats heraus Behauptungen aufgestellt werden."
Die 23-Jährige hätte nie gewollt, dass die Causa öffentlich breitgetreten werde. "Deswegen gab es den Vergleich", erklärt Kogler und spricht von einer "völlig neuen Dimension" an Tabubrüchen. Dazu reißt er Zweifel an der Ehrbarkeit der "rot-affinen Bohrn-Menas" an: "Wenn dieses angesprochene Ehepaar einen Vergleich schließt und dann mit dem Vergleich durch die Redaktionen tingelt – dann ist das mindestens merkwürdig."
Die Chat-Schnipsel seien aus einem "linken Kreis mit Nähe zur Sozialdemokratie und KPÖ" an die Medien getragen worden, wodurch ein "verzerrtes Bild" zu erzeugt worden sei.
Über Schillings Grünen-"Hass"
Schillings Hass-Bekenntnis – sie tippte in einem Chat "Ich hab niemanden so sehr gehasst wie die Grünen mein Leben lang." – habe ihn persönlich überhaupt nicht überrascht. "Sie schreibt in der Vergangenheitsform", betont der Chef der Öko-Partei.
Außerdem habe die Klimakämpferin sichtlich damit gerungen, ob sie vom Aktivismus in die Politik wechseln solle. Das habe er im persönlichen Gespräch genau so erlebt und könne das "1:1 nachvollziehen", sagt er. Gemeinsam habe man festgelegt, dass der gemeinsame Kampf für Klimaschutz im Vordergrund stehe. Schilling und die Grünen müssten "nicht in jeder Position übereinstimmen".
Skandal-Schilling: "Ich bin als Mensch sehr in Ordnung"
Kogler: "Das ist auch gut so, weil wir dieser Bewegung und dieser jungen Frau einen Platz geben wollen. Diese Entwicklung von Lena Schilling sollte man respektieren und nicht dauernd drauf dreschen."
Über die FPÖ und Putins Schandwerk
Der 62-Jährige will im den Wahlkampf weg vom Persönlichen um seine Kandidatin und zurück zu Sachthemen: "Worum es wirklich geht, sind doch wichtige EU-Fragen: Klimaschutz abdrehen oder ausbauen? Demokratie schwächen oder stärken?"
Letztere sei unter anderem "massiv gefährdet", weil Wladimir Putin seit 2016 einen Desinformationskrieg innerhalb Europas gegen Europa führe. Die Lage sei bereits "dramatisch" und unsere liberale Demokratie und auch der Rechtsstaat keine Selbstverständlichkeit.
Der erfahrene Politiker warnt: "Wenn wir uns nicht bald zusammenreißen, werden wir uns irgendwann fragen, wann haben wir das Match um unsere Art zu leben verspielt."
Dabei würde Österreich, die EU-Mitgliedsstaaten und die Union selbst von außen und von innen angegriffen. "Das europäische Einigungswerk derart zu attackieren, halte ich für verantwortungslos", donnert Kogler und benennt klar die aus seiner Sicht schä(n)dlichen Kräfte am Werke: "Die Urheber sind die Rechtsextremen und die Rechtspopulisten, die das Schandwerk Putins in Tateinheit miterledigen. Das ist in Österreich die Kickl-FPÖ."
Über Kickls Verhöhnung des Volkes
Nationaler Opportunismus und Alleingänge wären der Untergang: "Die Europäische Union muss man richtig begreifen. Sie kann mit 27 Mitgliedsstaaten nur mit Kompromissen arbeiten", führt der Grüne aus. "Das ist schon im eigenem Land schwierig. Daher darf man nicht jeden Kompromiss auf EU-Ebene denunzieren."
Auch Herbert Kickl und seine Führung der FPÖ kritisiert er scharf: "Das ganze Gerede von Volkskanzler und Systemparteien ist Unsinn und wie vieles andere Nazi-Jargon." Bedauerlich und ein Problem sei, dass viele Menschen, die von den blauen wieder hervorgeholten Kampfbegriffe "nicht mehr zuordnen" könnten und es dadurch zu einer Normalisierung derselben komme.
Und: Obwohl sich der Oberblaue immer daran abreibe, sei Kickl "selbst das System". "Er räumt einfach, wie der SPÖ-Klubobmann Kucher nachgewiesen hat, viel mehr Geld ab, als er mit seinem Posten verdienen dürfte. Wie das zustande kommt, ist erklärungsbedürftig", teilt der Vizekanzler aus.
Dass Kickl seine Ladung in den U-Ausschuss ignoriert und stattdessen "vom Berg runterlacht", sei "die größte Sauerei": "Das ist eine Verhöhnung der Volksvertretung und damit des Volkes durch einen vorgeblichen Volkskanzler."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Grünen-Chef Werner Kogler kritisiert scharf die FPÖ und insbesondere Herbert Kickl
- Diese seien Beihelfer beim "Schandwerk Putins"
- Trotz interner Probleme verteidigt er seine junge Spitzenkandidatin Lena Schilling und betont die Bedeutung des Kampfes für Klimaschutz