Tod mit 47
Verhaftet, verurteilt, vergiftet! Das Leben von Nawalny
Der russische Oppositionspolitiker und Blogger Alexei Nawalny ist mit 47 Jahren in Haft gestorben. Er hinterlässt eine Frau und zwei Kinder.
Alexei Anatoljewitsch Nawalny, wie er mit vollem Namen heißt, galt als wichtigster politischer Gegner von Wladimir Putin. Der am 4. Juni 1976 in Obninsk etwa 100 km südwestlich von Moskau geborene Nawalny studierte ab 1998 Rechtswissenschaften und später auch Börsenwesen. Dank seines Talents erhielt er auch ein viermonatiges Stipendium an der US-Elite-Uni Yale.
Auch an Politik war Nawalny immer stark interessiert. 1999 trat er der Partei Jabloko («Apfel») bei, einem Sammelbecken demokratisch-liberaler Kräfte. Nawalny war acht Jahre lang Mitglied der Partei und auch im Vorstand, bis er nach einem Streit mit dem Parteigründer ausgeschlossen wurde. 2005 gründete er dann die Bewegung "Da!" («Ja!»), die unter anderem mit landesweiten öffentlichen Diskussionen zu politischen Themen auf sich aufmerksam machte.
Spätestens 2011 begann Nawalny, sich dem Kampf gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch in Russland zu verschreiben, als er die NGO "Stiftung für Korruptionsbekämpfung" gründete. 2021 wurde diese verboten. Als Nawalny 2013 bei der Bürgermeisterwahl in Moskau antrat, erreichte er laut Regierungsangaben 27 Prozent der Stimmen. Seit November 2013 ist er Vorsitzender der Kleinpartei "Russland der Zukunft."
Mehrere Verurteilungen
Durch seine Erfolge geriet er immer stärker in den Fokus des Kreml. 2013 wurde Nawalny in einem Prozess wegen Unterschlagung zu fünf Jahren Haft verurteilt, ein Urteil, das der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte 2016 kippte. In der Neuaufnahme des Prozesses 2017 wurde er zu fünf Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Bereits zuvor hatte Nawalny seine Kandidatur für die russische Präsidentschaft angekündigt. Als die Zentrale Wahlkommission Russlands im Dezember 2017 seine Kandidatur für nicht zulässig erklärte und dies mit seiner Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe begründete, rief er seine Anhänger zum Boykott der Präsidentschaftswahl auf.
Mit Kampfstoff vergiftet
Am 20. August 2020 wurde Nawalny Opfer eines Giftanschlages mit einem Nowitschok-Nervenkampfstoff. Er wurde in der Omsker Klinik vom stellvertretenden Chefarzt für Anästhesiologie und Reanimation, Sergej Maksimischin, und vom Leiter der Abteilung für Traumatologie und Orthopädie, Rustam Agischew, zwei Tage lang behandelt, ins künstliche Koma versetzt und auf Veranlassung seiner Familie in die Berliner Charité verlegt.
Im September 2020 wurde er aus dem künstlichen Koma geholt und konnte noch im selben Monat das Krankenhaus verlassen. Er blieb zur Erholung in Deutschland. Am 17. Januar 2021 kehrte er nach Russland zurück – und wurde noch am Flughafen verhaftet. Seit da sitzt er in Haft.
Nach Sibirien verlegt
Schon im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hat. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte.
Nawalny führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt wurde Nawalny mit Beginn des Wahlkampfes zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet.
Nawalny war mit Julia Nawalnaja, geborene Abrossimowa, verheiratet. Das Paar hat eine Tochter, die mit einem Stipendium an der Stanford University studiert, und einen Sohn.