Gesundheit

Vater wird krebsbefallene Niere transplantiert – tot

Der Mann starb weniger als ein Jahr nach dem Eingriff, weil die Mediziner nicht erkannten, dass das Spenderorgan von Krebs befallen war.

Sabine Primes
Der Fall von Herrn Sidhu wurde als "anerkannte, aber sehr seltene Komplikation" eingestuft. 
Der Fall von Herrn Sidhu wurde als "anerkannte, aber sehr seltene Komplikation" eingestuft. 
Getty Images/iStockphoto

Als die Ärzte bei dem 49-jährigen Vater, Parminder Singh Sidhu, vier Monate nach seiner Nierentransplantation einen Check machen, stockt ihnen der Atem. Der Scan weist eine große Wucherung an der Spenderniere auf. Erst als Zyste abgetan, stellt sich in weiterer Folge heraus, dass es sich dabei um eine hochaggressive Form von Krebs handelt, die direkt am Spenderorgan lokalisiert ist.

Sidhu entwickelte in seinen 30ern Nierenprobleme und wurde 2005 in seinem Heimatland Indien ohne Komplikationen transplantiert. Der DHL-Luftfrachtführer in Heathrow (London) bekam jedoch während der Lockdowns Probleme mit dem Organ und musste sich im Krankenhaus regelmäßig einer Dialyse unterziehen. Die Behandlung hinderte den ansonsten fitten zweifachen Familienvater daran, mehr zu arbeiten. Daher beschloss er, sich einer weiteren Transplantation zu unterziehen.

Die zweite Transplantation findet im April 2021 im Londoner Hammersmith Hospital – einem der größten Nierentransplantationszentren in Europa – statt. Als Sidhu im Winter Schmerzen in seiner Hüfte bekommt, machen die Ärzte einen weiteren Scan und entdecken das Krebsgeschwür. Zu diesem Zeitpunkt hatte es sich jedoch bereits vom Spenderorgan auf Sidhus Wirbelsäule ausgebreitet. Trotz der Entfernung der Niere verstirbt der Patient im März dieses Jahres – nur zwei Monate nach der Transplantation.

"Anerkannte, aber sehr seltene Komplikation"

Der Fall von Herrn Sidhu wurde als so selten eingestuft, dass man davon ausgeht, dass es sich um eine von nur elf Transplantationen weltweit handelt, bei mehr als 80.000 Transplantationen pro Jahr. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass die Mediziner keinen Grund hatten, an dem Organ zu zweifeln, da die Spenderin selbst weder eine Vorgeschichte noch Anzeichen von Krebs hatte und an einer Kopfverletzung gestorben war. Zwei weitere Patienten, die ebenfalls Organe desselben Spenders erhielten, erkrankten später an Krebs. Trotz der enormen Unwahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses stellte die zuständige Gerichtsmedizinerin Lydia Brown fest, dass ein krebsartiges Spenderorgan eine "anerkannte, aber sehr seltene Komplikation" ist. 

Procedere vor der Tranplantation

Der NHS Blood and Transplant prüft alle potenziellen Spender, sammelt Informationen über die medizinische Vorgeschichte, und führt Tests auf eine Reihe von Infektionen durch, um die mit einer Transplantation verbundenen Risiken zu verringern. Nach der Entgegennahme des Organs durch die Ärzte, wird das Organ von einem Chirurgen visuell auf seine Transplantationstauglichkeit geprüft. Einige sehr frühe Krebsarten können jedoch nicht erkannt werden, weil sie so klein sind und bei der Inspektion nicht entdeckt werden können.

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