Tragische Fehldiagnose
9 Jahre Chemotherapie – dabei hatte er gar nie Krebs
Anthony Olson wurde gesagt, dass er ohne die Behandlung sterben würde. Bis sich Jahre später herausstellte, dass der Arzt fehldiagnostiziert hatte.
Anthony Olson aus dem US-Bundesstaat Montana wünschte sich eine Karriere, Kinder, eine Partnerin, mit der lange Wanderungen unternehmen könnte. Trotz seiner Diabetes-Diagnose im Alter von 4 Jahren, der Anämie (Blutarmut), der Nierentransplantation, die mit 29 Jahren fehlschlug, und der notwendigen Dialyse hielt er an diesen Träumen fest.
All das wurde ihm Anfang 2011 genommen, als der Onkologe Thomas C. Weiner im St. Peter's, dem einzigen Krankenhaus in der Stadt Helena im US-Bundesstaar Montana, bei ihm das myelodysplastische Syndrom (MDS) diagnostizierte, eine Blutkrankheit, die oft als Vorstufe zur Leukämie beschrieben wird. Die Lebenserwartung von MDS-Patienten ist gering. "Er sagte mir, dass ich ohne Behandlung noch vor Ende des Jahres tot sein würde", so Olson. Da war er 33.
Er sollte unauffälligen Befund ignorieren
Basis der Diagnose waren zwei Knochenmarkbiopsien, von denen aber nur eine Anzeichen von MDS zeigte. Die zweite Untersuchung, die zehn Monate nach der ersten durchgeführt wurde, war unauffällig. Der Arzt forderte Olsen angeblich auf, die Ergebnisse der zweiten Biopsie zu ignorieren. Diese seien ein Zeichen dafür, dass die Behandlung wirke und er sie deshalb fortsetzen solle. So unterzog er sich neun Jahre lang weiterhin der Behandlung.
Zu Beginn seiner Behandlung zeigten Tests, dass die Chemotherapie Olsons Anämie verschlimmert hatte. Weiner verordnete ihm wöchentlich eisenhaltige Bluttransfusionen. Im Jahr 2016 machte sich Dr. Robert LaClair, der Nierenspezialist, der Olsons Dialyse betreute, Sorgen. Denn Olsons Eisenspiegel war gefährlich hoch. Er passte dessen Behandlungen an, wodurch sich seine Anämie und Eisenüberladung besserten.
Mehrere Geschädigte
2019 vermutete LaClair, dass Weiner Olson falsch diagnostiziert haben könnte, und drängte seinen Patienten, eine zweite Meinung einzuholen. Er hatte seinen Verdacht jahrelang für sich behalten, da Weiner eine mächtige Persönlichkeit im Krankenhaus war. Schließlich konnte er aber dafür sorgen, dass Weiner gefeuert wurde. Das Spital warf dem Arzt vor, "Patienten Schaden zugefügt zu haben, indem er ihnen Behandlungen, darunter Chemotherapie, verabreichte, die klinisch weder angezeigt noch notwendig waren." Das Krankenhaus entschied sich dazu, die ursprüngliche Probe erneut zu testen und stellte fest, dass Olson nie Krebs gehabt hatte. Weiner bestritt sämtliche Vorwürfe und verklagte das Krankenhaus inzwischen wegen ungerechtfertigter Kündigung und Verleumdung.
Olson brach seine Krebsbehandlung 2021 ab und verklagte St. Peter's ein Jahr später. Das Krankenhaus einigte sich und zahlte einen nicht genannten Betrag. Obwohl er weiter mit gesundheitlichen Problemen kämpft, versucht der heute 47-Jährige nicht daran zu denken, was ihm passiert ist. Aber manchmal fragt er sich, was seinen ehemaligen Onkologen motiviert hat. "Hat er das nur des Geldes wegen gemacht?", fragt er. "Hat er darauf gewettet, dass ich sterbe, und nur gedacht, er könnte mehr Geld verdienen?"
Auf den Punkt gebracht
- Anthony Olson aus Montana wurde neun Jahre lang fälschlicherweise wegen einer Krebserkrankung behandelt, die er nie hatte, basierend auf einer Fehldiagnose des Onkologen Thomas C Weiner.
- Nachdem die Wahrheit ans Licht kam, verklagte Olson das Krankenhaus, das sich schließlich außergerichtlich einigte, während Weiner alle Vorwürfe bestritt und seinerseits das Krankenhaus wegen ungerechtfertigter Kündigung verklagte.