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Revolte bei US-Republikanern – sie stürzen den Vorsitze
Zum ersten Mal in der US-Geschichte ist ein Vorsitzender des Repräsentantenhauses durch ein Parlamentsvotum von seinem Posten abgesetzt worden.
Das US-Repräsentantenhaus hat in einer historischen Premiere seinen republikanischen Vorsitzenden Kevin McCarthy abgesetzt. Die Abgeordneten stimmten am Dienstag mehrheitlich für einen Antrag des rechten Hardliners Matt Gaetz, McCarthy von der Spitze der Kongresskammer zu stürzen. McCarthy verlor damit einen parteiinternen Machtkampf im Streit um die Haushaltspolitik und wurde als erster Repräsentantenhaus-Vorsitzender der US-Geschichte abgesetzt.
Für eine Absetzung des 58-jährigen Politikers aus dem Bundesstaat Kalifornien stimmten 216 Abgeordnete. Dagegen stimmten 210 Abgeordnete.
So kam es zur Absetzung
Gaetz, ein Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump, hatte am Montagabend einen Absetzungsantrag gegen McCarthy gestellt. Hintergrund ist der Streit über die am Wochenende in letzter Minute abgewendete Haushaltssperre. McCarthy hatte sich mit den Demokraten im Repräsentantenhaus auf einen Kompromiss zur Finanzierung der US-Bundesbehörden bis 17. November geeinigt, um einen sogenannten Shutdown zu verhindern. Gaetz, der auf massive Ausgabenkürzungen pocht, hat McCarthy dafür scharf kritisiert. Er wirft McCarthy auch vor, eine "geheime" Absprache mit Präsident Joe Biden für neue Ukraine-Hilfen getroffen zu haben.
Den Posten von McCarthy hat vorläufig sein republikanischer Parteikollege Patrick McHenry übernommen. Am Dienstag ergriff McHenry laut der Regelungen in der großen Kongresskammer den Hammer. Das Amt wird der 47-Jährige – ein Verbündeter McCarthys – kommissarisch innehaben, bis ein neuer Vorsitzender gewählt ist.
Biden drängt auf rasche Nachfolgelösung
Nach der Absetzung des republikanischen Repräsentantenhaus-Vorsitzenden Kevin McCarthy hat US-Präsident Joe Biden die Kongresskammer aufgerufen, rasch einen Nachfolger zu wählen. "Die dringenden Herausforderungen für unser Land werden nicht warten", erklärte Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre am Dienstag. Der Präsident hoffe deshalb, dass das Repräsentantenhaus "schnell" einen neuen Vorsitzenden oder eine neue Vorsitzende wähle.
"Die amerikanische Bevölkerung verdient ein politisches Führungspersonal, das die Themen, die ihr Leben bestimmen, nach vorne und in den Mittelpunkt stellt", erklärte Jean-Pierre weiter. "Präsident Biden hat bewiesen, dass er immer mit beiden Parteien im Kongress (...) für das amerikanische Volk zusammenarbeiten will." Der Politiker der Demokratischen Partei freue sich bereits darauf, mit der künftigen Spitze des Repräsentantenhauses zusammenzuarbeiten.
Neuwahl für Chefposten frühestens kommende Woche
Über die Nachfolge von McCarthy soll frühestens in der kommenden Woche entschieden werden. Die Abgeordneten der Parlamentskammer wurden am Dienstagabend informiert, dass in der laufenden Woche keine weiteren Abstimmungen zu erwarten seien. Das geht unter anderem aus einer Rundmail der demokratischen Fraktion an die eigenen Abgeordneten hervor. Das US-Parlament ist durch das Drama vorerst komplett lahmgelegt. Bis ein Nachfolger von McCarthy gewählt ist, liegt alle restliche gesetzgeberische Arbeit auf Eis.
Mehrere republikanische Abgeordnete – die McCarthy-Gegner Matt Gaetz und Bob Good – sagten am Dienstagabend nach einer fraktionsinternen Sitzung, der kommissarische Vorsitzende der Kammer, der Republikaner Patrick McHenry, habe angekündigt, mögliche Nachfolgekandidaten sollten ein paar Tage Zeit bekommen, ihre Ambitionen öffentlich zu machen und in den eigenen Reihen um Stimmen zu werben. Am Dienstag in einer Woche sollen die Republikaner laut Gaetz und Good dann erneut zu einer internen Runde zusammenkommen, in denen sich potenzielle Nachfolger vorstellen können. Erst danach solle im Plenum eine Wahl angesetzt werden.
McHenry ist lediglich für formale Aufgaben vorübergehend eingesetzt, er füllt die Vorsitzenden-Rolle aber nicht politisch aus. Wer der nächste Vorsitzende des Repräsentantenhauses werden könnte, ist unklar. McCarthy kündigte an, er werde nicht erneut für den Posten antreten.