Ukraine
Russland: Kritik an Putins Krieg wird immer lauter
Der Kreml fordert die russische Bevölkerung auf, der Regierung zu vertrauen und Gerüchte auf Telegram zu ignorieren. Die Unzufriedenheit wächst.
In Russland brodelt es. Nun versucht der Kreml, die wachsende gesellschaftliche Besorgnis in den Griff zu bekommen und die Kontrolle über die öffentliche Meinung zurückzugewinnen. Wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) am Dienstag meldetete, forderte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die russische Bevölkerung auf, sich auf die Mitteilungen des russischen Verteidigungsministeriums und des Präsidenten zu verlassen.
Die in sozialen Medien veröffentlichten "provokativen Nachrichten" über eine zweite Mobilisierungswelle solle man hingegen ignorieren. Der Einfluss der seit Jahren unterdrückten Opposition wächst laut ISW angesichts der hohen Unzufriedenheit mit dem Krieg in der Ukraine. Um Proteste mobilisierter Männer und ihrer Familien zu unterdrücken, verbietet Putin mit einem neuen Gesetz Kundgebungen in öffentlichen Gebäuden.
Gleichzeitig gebe es inzwischen in ganz Moskau Werbung für die Rekrutierung zu der "militärischen Spezialoperation" der Ukraine, wie der Krieg in Russland offiziell genannt wird. Der ISW geht jedoch davon aus, dass eine erneute Mobilisierungswelle dem Kreml nicht weiterhelfen werde, da die Ausbildung neuer Soldaten zu langsam vonstatten gehe.
Ex-Kommandant kritisiert Putin
Igor Girkin ist ein russischer Geheimdienstler, der eine der tragenden russischen Figuren während der Annexion der Krim in 2014 sowie bei den Kämpfen in der ukrainischen Region Donbass war. Er wurde unlängst von einem Gericht in Chicago – in seiner Abwesenheit – wegen seiner Beteiligung am Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 im Juli 2015 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Nach zwei Monaten Kriegseinsatz hatte er einen kritischen Bericht von der Front auf Telegram geteilt. Er habe mehrfach erfolglos versucht, sich für eine Einheit zu registrieren und ihr somit beizutreten. Die russischen Streitkräfte stecken seiner Ansicht nach in einer "strategischen Krise".
Russlands Strategie, die ukrainische Infrastruktur zu zerstören, könne den Vormarsch der ukrainischen Truppen nicht stoppen. Bereits im Juli hatte Girkin Putins Kriegsführung als "zu zögerlich" bezeichnet.