Nahostkonflikt
UNRWA-Verbot verheerend für Millionen von Menschen
Israel hat es dem UN-Hilfswerk verboten, im Land zu operieren – damit ist der UNRWA auch der Zugang zum Gazastreifen fast vollständig verwehrt.
Nach dem Beschluss des israelischen Parlaments, dem Palästinenserhilfswerk UNRWA die Arbeit im Land zu verbieten, haben diverse internationale Organisationen und Landesvertreter den Schritt scharf verurteilt. So sprach etwa der Chef der UNRWA, der Schweizer Philippe Lazzarini, von einem "gefährlichen Präzedenzfall": Das UNRWA-Verbot werde "das Leiden der Palästinenser verstärken".
Auch der UNO-Generalsekretär António Guterres warnt, dass das Gesetz bei Umsetzung "verheerende Folgen" haben und die "UNRWA wahrscheinlich daran hindern würde, ihre wichtige Arbeit fortzusetzen". Die deutsche Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg kritisiert ebenfalls, dass mit dem Verbot die Arbeit der UNRWA in Gaza praktisch verunmöglicht würde.
Darum sperrt Israel die UNRWA aus
Zuvor hatte Israel dem Hilfswerk und auch anderen Organisationen der UNO immer wieder schwere Vorwürfe gemacht: So würden diverse UNRWA-Mitarbeitende direkt mit den Hamas-Terroristen kooperieren und ihnen Unterschlupf in den Standorten bieten. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu warf auch den Unifil-Truppen, der UNO-Beobachtermission im Libanon, vor, den Hisbollah-Kämpfern als menschliche Schutzschilde zu dienen.
Mehrere Länder stoppten daraufhin ihre Zahlungen an das Hilfswerk, auch im Schweizer Parlament wird ein Zahlungsstopp nach wie vor heiß diskutiert, nachdem sich der Nationalrat im September für den Schritt ausgesprochen hatte.
So ist die Lage im Gazastreifen
Für die Zivilistinnen und Zivilisten im Gazastreifen ist die Hilfe der UNRWA derweil essenziell: Noch immer halten sich in dem Gebiet, das sich nach über einem Jahr israelischer Militäroperationen vielerorts als Trümmerfeld präsentiert, schätzungsweise 1,7 Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser auf.
Die humanitäre Lage verschlechtert sich stetig, vor allem da Israel seit Anfang Oktober praktisch keine Hilfsgüterlieferungen in den Norden des Gazastreifens zulässt. Joyce Msuya, die amtierende Untergeneralsekretärin für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinatorin, warnte am Wochenende auf X (ehemals Twitter), dass die gesamte Bevölkerung des nördlichen Gazastreifens vom Tod bedroht sei. "Was israelische Truppen im belagerten Nordgaza tun, darf nicht weitergeführt werden", so Msuya.
Zwar hat der Knesset-Abgeordnete Yuli Edelstein bei der Abstimmung zum UNRWA-Verbot versprochen, dass der Schritt "die humanitäre Hilfe für den Gazastreifen in keiner Weise beeinträchtigen" werde und Israel im Rahmen des internationalen Rechts handle – dass die palästinensische Bevölkerung zunehmend ausgehungert wird, scheint aber Teil eines israelischen Plans zu sein.
Das will Israel mit dem "Plan der Generäle" erreichen
Denn vor einigen Wochen stellte Giora Eiland, Ex-Generalmajor der israelischen Armee, den sogenannten "Plan der Generäle" vor. Dabei sollen die Hunderttausenden Palästinenser, die sich noch immer im Norden des Gazastreifens aufhalten, zur Flucht in den Süden gezwungen werden. Die verbleibenden Menschen, die Israel gesamthaft als Terroristen deklarieren will, sollen sich dann "ergeben oder verhungern". Beobachter rechnen damit, dass Tel Aviv dort künftig eine Pufferzone errichten könnte, die gegen internationales Recht verstoßen würde.
Dazu hat die israelische Armee Anfang Oktober für die gesamte Bevölkerung von Nordgaza einen Evakuationsaufruf veröffentlicht. Doch auch im Süden des Gazastreifens, wohin die Leute flüchten sollen, ist die Lage bereits höchst prekär: Flüchtlingslager sind komplett überfüllt, humanitäre Hilfsgüter ebenfalls knapp.
So wollen die USA die Lage in Gaza verbessern
Den israelischen Plänen am ehesten Einhalt gebieten, könnten die USA: Nicht nur schloss sich das Land der Warnung des UN-Sicherheitsrates gegen das UNRWA-Verbot an, mehrere Wochen zuvor adressierte Washington die katastrophale humanitäre Lage bereits in einem ungewöhnlich scharfen Brief. Darin forderten der Außen- und der Verteidigungsminister das Land auf, die humanitäre Lage im Gazastreifen innert der nächsten 30 Tage zu verbessern. Sollte dieses Ultimatum, das bis am 13. November läuft, ignoriert werden, droht die USA damit, bestimmte Waffenlieferungen an Israel einzustellen.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Mit dem Verbot in Israel wird die UNRWA auch weitestgehend aus dem Gazastreifen ausgesperrt
- Die internationale Kritik am Entschluss ist groß
- Eine hohe UN-Beamtin warnt, dass der gesamten Bevölkerung im Norden Gazas der Tod droht