"Ungarn gefährdet EU"
Ungarn-Boykott! EU straft Orban für Putin-Reise ab
63 EU-Abgeordneten platzt der Kragen wegen Viktor Orbáns EU-Ratsvorsitz. Kommissionspräsidentin von der Leyen ordnet einen Ungarn-Boykott an.
63 EU-Abgeordnete haben in einem Brief an die EU-Spitze einen Entzug des Stimmrechts Ungarns im Rat der EU gefordert. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert mit einer Boykott-Entscheidung auf die Alleingänge von Ungarns Regierungschef.
Ungarn Stimmrecht entziehen
Die Aktion wurde vom Esten Riho Terras (EVP) initiiert. "Der ungarische Vorsitz hat gerade erst begonnen, und Premierminister Orbán hat bereits erheblichen Schaden angerichtet", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben.
Aus Österreich haben die NEOS-Abgeordneten Helmut Brandstätter und Anna Stürgkh sowie ÖVP-Mandatar Lukas Mandl unterzeichnet.
Der ungarische Premier Viktor Orbán, dessen Land seit 1. Juli turnusmäßig den Ratsvorsitz in der EU innehat, habe "die Rolle der Ratspräsidentschaft ausgenutzt und missbraucht", heißt es in dem Brief. Kommissionspräsidentin von der Leyen, Ratspräsident Charles Michel und Parlamentspräsidentin Roberta Metsola werden darin aufgefordert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, Ungarn das Stimmrecht zu entziehen. Dies könnte im Rahmen des gegen das Land laufenden Artikel-7-Verfahrens erfolgen, welches wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit vor mehreren Jahren eingeleitet wurde.
Kritik an Putin-Besuch
Die Abgeordneten kritisieren die zahlreichen selbsternannten "Friedensmissionen" des ungarischen Premiers seit Anfang Juli, insbesondere bei Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping in Peking. Er habe dabei "seine Befugnisse absichtlich falsch" dargestellt und "bewusst den Eindruck erweckt, er handle im Namen der gesamten EU".
Darüber hinaus untergrabe Orbán aktiv gemeinsame EU-Positionen, beispielsweise bezüglich eines Waffenstillstands in der Ukraine.
In Anbetracht dieses "Machtmissbrauchs" werden die EU-Spitzen zu "entschiedenen Maßnahmen" aufgefordert. "Bloße verbale Verurteilungen" zeigten "keine Wirkung".
Von der Leyen reagierte noch am Montagabend. Sie kündigte an, dass an künftigen informellen Ministertreffen unter der Leitung der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft in Ungarn keine Kommissarinnen oder Kommissare, sondern nur ranghohe Beamte teilnehmen werden. Außerdem werde sie auf den traditionellen Antrittsbesuch bei der ungarischen Präsidentschaft verzichten, so ein Sprecher.
Die Antwort Ungarns folgte postwendend: "Die EU-Kommission kann sich nicht Institutionen und Minister aussuchen, mit denen sie kooperieren will. Sind alle Beschlüsse der Kommission nun auf politische Erwägungen gegründet?", schreibt Ungarns Minister für EU-Angelegenheiten, Janos Boka, bei X.
„Angesichts dieser ernsten Lage reichen bloße verbale Verurteilungen nicht mehr aus.“
"Bei seinen Reisen missbraucht Orbán nicht nur seine Rolle, sondern gefährdet auch die Einheit der Europäischen Union. Indem er vorgibt, die gesamte EU zu vertreten, überschreitet Orbán klar seine Befugnisse. Angesichts dieser ernsten Lage reichen bloße verbale Verurteilungen nicht mehr aus. Es ist nun dringend geboten, dass wir handeln und Ungarn das Stimmrecht im Rat entziehen, um die Integrität und Handlungsfähigkeit unserer Union zu wahren", kommentierte Brief-Unterzeichner Helmut Brandstätter von den Neos gegenüber der APA.
Außerdem appellieren die Neos an alle nationalen und europäischen Vertreter und Vertreterinnen, gegenüber dem ungarischen Ratsvorsitzenden geschlossen und einheitlich aufzutreten.
Das Anfang Juni gewählte Europaparlament tritt am Dienstag in Straßburg erstmals zusammen. Die erste Resolution des neuen Parlaments, die Mittwochabend verabschiedet werden soll, könnte ebenfalls Orbán kritisieren: Dies könnte im Rahmen einer Entschließung zur Unterstützung für die Ukraine erfolgen. Ungarn hatte in den vergangenen Monaten mehrere EU-Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine blockiert.
Erste Plenarwoche des neuen EU-Parlaments
Das Parlament forderte bereits vor einem Jahr mit großer Mehrheit eine Aussetzung der ungarischen Ratspräsidentschaft. Bei der ersten Plenartagung während des ungarischen turnusmäßigen Vorsitzes wird Orbán laut Parlamentsagenda nicht sprechen. Er soll erst im September die Prioritäten seines Landes vorstellen. Üblich ist, dass dies bei der ersten Sitzung geschieht.
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Auf den Punkt gebracht
- 63 EU-Abgeordnete, darunter drei aus Österreich, fordern in einem Brief an die EU-Spitze den Entzug des Stimmrechts Ungarns im Rat der EU, da Premierminister Orbán bereits erheblichen Schaden angerichtet habe
- Sie kritisieren Orbáns selbsternannte "Friedensmissionen" und werfen ihm Machtmissbrauch vor, der die Einheit der Europäischen Union gefährde
- Darüber hinaus könnte das Europaparlament Orbán in einer Resolution kritisieren, denn Ungarn hatte in den vergangenen Monaten mehrere EU-Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine blockiert