Ukraine
"Mach dich zum Mädchen" – Kreml-Soldat enthüllt Folter
Ein ehemaliger Leutnant der russischen Armee berichtet gegenüber BBC von russischer Folter und Plünderungen während Putins Überfall der Ukraine.
Ein ehemaliger russischer Offizier hat im Gespräch mit der BBC schwere Folter und Misshandlung ukrainischer Gefangener durch Kameraden bezeugt. Der Mann namens Konstantin Jefremow war nach eigenen Angaben Leutnant in der russischen Armee und musste kurz nach dem Beginn des Angriffskriegs im vergangenen Jahr selbst in die Ukraine. Später reichte er ein Ausmusterungsgesuch ein, wurde daraufhin aus der Truppe geworfen – danach verließ er Russland vorerst auf Nimmerwiedersehen.
Folter mit Scheinhinrichtungen
Im Interview berichtete er unter anderem von einem Verhör, bei dem einem Kriegsgefangenen in Arme und Beine geschossen worden sei. In einem anderen Fall sollen die Russen ihrem Opfer eine Hinrichtung per Kopfschuss angedroht und dann direkt neben dessen Kopf auch eine Waffe abgefeuert haben.
Diesen Vorfall beschreibt Jefremow in grausigen Details. Demnach habe ein Oberst eine Pistole an die Stirn des Gefangenen gedrückt und gedroht: "Ich werde bis drei zählen und dir dann in den Kopf schießen." "Er zählte und schoss dann seitlich am Kopf vorbei, auf beiden Seiten. Der Oberst begann ihn anzuschreien. Ich sagte: 'Genosse Oberst! Er kann dich nicht hören, du hast ihn taub gemacht!'"
"Wir verwandeln dich in ein Mädchen"
Einem weiteren Mann sei angedroht worden, seine Geschlechtsteile zu verstümmeln. "Einer von ihnen gab zu, ein Scharfschütze zu sein. Als der russische Oberst dies hörte, verlor er den Verstand. Er schlug ihn, zog dem Ukrainer die Hose herunter und fragte ihn, ob er verheiratet sei", so Jefremow. Der Gefangene bejahte diese Frage. "'Dann soll mir jemand einen Mopp bringen', sagte der Oberst. 'Wir verwandeln dich in ein Mädchen und schicken deiner Frau das Video.'"
"Ich entschuldige mich beim gesamten ukrainischen Volk", sagte Jefremow in seinem BBC-Videointerview. Er lebt derzeit im Exil, in seine Heimat zurück kann er nicht, denn Russland hat ihn als Verräter und Überläufer gebrandmarkt.
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BBC hält Angaben für glaubhaft
Die BBC prüfte die Angaben des Mannes zu seiner Einsatzzeit in der Ukraine unter anderem anhand von Dokumenten und Fotos, die er vorlegte, und hält den Bericht für glaubhaft. Es gebe auf beiden Seiten im Ukraine-Krieg Folter und Misshandlungen, sagte die Leiterin eines Beobachtungsteams der Vereinten Nationen in der Ukraine, Matilda Bogner. Besonders schlimm seien die Verhältnisse aber in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine oder in Russland selbst.