Ukraine

Was kann die Ukraine mit den Waffen des Westens erreichen?

Seit Russlands Einmarsch Ende Februar bittet die Ukraine immer wieder um westliche Waffen. Zwei Experten erklären, welchen Unterschied diese machen.

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Ukrainische Verteidigungskräfte beim Abfeuern einer M777-Haubitze in der Region Charkiw Ende Juli 2022.
Ukrainische Verteidigungskräfte beim Abfeuern einer M777-Haubitze in der Region Charkiw Ende Juli 2022.
REUTERS

Die ersten HIMARS-Mehrfachraketenwerfer kamen Ende Juni aus den USA in der Ukraine an – fast genau vier Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs. Dazu gab es auch Harpoon-Raketen und M777-Haubitzen sowie Gepard-Flugabwehrpanzer aus Deutschland.

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Seither berichtet der ukrainische Generalstab, man habe insbesondere dank der US-Waffen Gegenoffensiven auf besetzte Gebiete starten können. In Videos und offiziellen Mitteilungen zelebrieren Regierung und Armee regelmäßig die Störung russischer Logistik durch die Vernichtung von Munitionslagern.

Die derzeitige Hauptverteidigungslinie verläuft dort vom Fluss Siwerskyj Donez über die Städte Siwersk, Soledar und Bachmut. Doch auch hier rücken die Russen aufgrund ihrer Artillerieüberlegenheit langsam vor. Sollten die drei Kleinstädte fallen, wäre für Russlands Armee der Weg frei in Richtung der Städte Slowjansk und Kramatorsk. In diesem Ballungsraum lebten vor dem Krieg mehr als eine halbe Million Menschen.

Doch wie viel können die Ukrainer mit den bislang gelieferten Waffen da dagegen halten – jetzt und in der Zukunft?

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    Diese Bilder zeigen das Abfeuern des US-Systems HIMARS durch ukrainisches Militär spätestens ab dem 24. Juni 2022.
    Diese Bilder zeigen das Abfeuern des US-Systems HIMARS durch ukrainisches Militär spätestens ab dem 24. Juni 2022.
    Pavlo Narozhnyy/via REUTERS

    Russland hat dazugelernt

    Es gebe zwar weiterhin taktische Vorstöße der Ukraine. Doch insgesamt wirke das Kriegsgeschehen derzeit statisch, sagt Sicherheitsanalyst Wolfgang Richter von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin der Deutschen Presse-Agentur.

    Gerade in der Ostukraine hätten die Russen aus ihren Fehlern gelernt. "Sie konzentrieren ihre Artillerie lokal auf relativ begrenzte Räume, aber schaffen dort eine hohe Feuerüberlegenheit und bohren sich langsam vorwärts." Zugleich erlitten sie durch die Verzögerungstaktik der Ukrainer aber auch erhebliche Verluste, meint der Ex-Militär.

    Ukraine "für Großoffensive noch nicht aufgestellt"

    Richter ist skeptisch, ob den ukrainischen Kräften größere Flächenrückgewinne gelingen werden. Möglicherweise würden diese noch die eine oder andere Ortschaft zurückerobern. Aber: "Für eine Großoffensive glaube ich aber, dass sie noch nicht aufgestellt sind."

    "Das ist eine völlig andere Operation mit vielen Kräften, die man aufeinander abstimmen muss, man muss regionale Überlegenheit herstellen an Kräften und Feuer, um größere Räume zu nehmen."

    Zugleich habe Russland noch nicht voll mobilisiert und große Mengen an – wenn auch veralteter – Militärtechnik bereitstehen.

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      Ukrainische Verteidigungskräfte beim Abfeuern einer M777-Haubitze in der Region Charkiw Ende Juli 2022.
      Ukrainische Verteidigungskräfte beim Abfeuern einer M777-Haubitze in der Region Charkiw Ende Juli 2022.
      REUTERS

      Keine Munition mehr für Sowjet-Waffen

      Die Ukraine wiederum sei stark abhängig von westlichen Rüstungslieferungen. Denn für ihre eigenen Sowjet-Waffen geht langsam die Munition aus. "Es gibt sie einfach nicht mehr", sagt Brigadegeneral Dmytro Krassynlnykow dem Internetsender Hromadske.tv.

      In den vergangenen rund 30 Jahren seit der ukrainischen Unabhängigkeitserklärung sei keine eigene Produktion aufgebaut worden. Das macht die Lieferung westlicher Artilleriesysteme jetzt so wichtig.

      Russland mit Kriegsproduktion, Westen nicht

      Deshalb sei die Frage, wie stark diese künftig ausfielen, meint Richter: "Der Westen hat nicht auf Kriegsproduktion umgeschaltet." Anders in Russland: Hier hat die Regierung mit einem neuen Gesetz das Recht eingeräumt bekommen, Unternehmen zur Produktion für den Armeebedarf zu verpflichten.

      Speziell mit Blick auf die USA sagt Richter: "Die Produktion der HIMARS-Munition, die die Amerikaner an die Ukraine geliefert haben und noch liefern, kommt allmählich an die Grenzen der eigenen Kapazitäten." Fraglich sei auch, wie lange der politische Wille zur Unterstützung andauern werde.

      Ein deutscher Gepard-Flugabwehrpanzer während einer Übung in Münster 2007.
      Ein deutscher Gepard-Flugabwehrpanzer während einer Übung in Münster 2007.
      REUTERS

      Unterstützung bleibt für Ukraine entscheidend

      Auch Steven Horrell vom Center for European Policy Analysis in Washington hält es für entscheidend, ob der Westen bei seiner Unterstützung bleiben werde. Der Kampf der Ukraine gegen Russland sei "ein echter Kampf der Demokratie gegen den Autoritarismus", meint er.

      Deshalb sei es wichtig, dass der Westen der Ukraine dabei helfe, die Hoheit über international anerkannte Grenzen zurückzugewinnen. Territoriale Konzessionen dürften nicht als akzeptable Lösungen angesehen werden, so der frühere Marine-Offizier.

      Wenig Hoffnung auf Verhandlungen

      Auch der deutsche Experte Richter betont: "Das Ziel kann natürlich kein Kapitulationsfrieden sein, das wäre völlig inakzeptabel." Zugleich verweist er darauf, dass es wichtig sei, irgendwann miteinander zu reden, um den Krieg zu beenden.

      Viel Hoffnung mache ihm die Lage derzeit allerdings nicht: "Meine Befürchtung ist, dass zurzeit alle Seiten nur auf militärische Mittel setzen, weil sie hoffen, die eigene Verhandlungsposition durch die nächste Schlacht zu verbessern."

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        Helmut Graf
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