Angeblich "krank"

"Tschetschenen-Chef" narrt Justiz – Urlaub statt Häf'n

Erpressung, Nötigung und gefährliche Drohung werden einer lebenden Kampfsport-Legende vorgeworfen. Doch der Wiener kam am Dienstag nicht zum Prozess.

Christian Tomsits
"Tschetschenen-Chef" narrt Justiz – Urlaub statt Häf'n
Beim ersten Prozesstag ging es dem Angeklagten (l.) noch gut, doch nun fehlte der Mandant von Top-Anwalt Marcus Januschke (r.)
Sabine Hertel

Er galt als "Chef der Tschetschenen", scheute als Kickboxer in seiner aktiven Zeit keinen Kampf. Doch vor Gericht machte der mutmaßliche Schutzgeld-König von Wien (38) nun offenbar einen Rückzieher. Denn der Angeklagte kam am Dienstag nicht zum zweiten Gerichtstermin, weil er laut seinem Anwalt aktuell im sonnigen Spanien weilt.

Ein Rückflug aus dem Urlaubsparadies nach Wien war dem 38-Jährigen leider nicht möglich – und das, obwohl ihn die Richterin beim Prozessauftakt gewarnt hatte, dass unentschuldigtes Fehlen in einem Haftbefehl mündet. "Er wurde dort gestern notfallmedizinisch behandelt. Es gibt medizinische Dokumente, die seine gesundheitlichen Probleme belegen", so sein Anwalt Marcus Januschke. Der betonte am Dienstag gegenüber "Heute", dass sich sein Mandant dem Verfahren nicht entziehen will.

Erpressung, Nötigung und gefährliche Drohungen

Gründe hätte er genug: Die schwerwiegenden Vorwürfe, die durch Audio-Dateien einer Telefonüberwachung belegt sein sollen, reichen von 2020 bis 2023: Gemeinsam mit einem Amateurkicker (29) soll der 38-Jährige Schutzgeld von Dutzenden Lokalen in Wien-Fünfhaus und Ottakring gefordert haben. Erpressung, schwere Erpressung, Nötigung, gefährliche Drohung und Urkundenfälschung lauten die Hauptanklagepunkte. Dem bereits einschlägig Vorbestraften droht eine lange Haftstrafe.

Der zweitangeklagte Wiener (29) mit seinem Verteidiger Sascha König.
Der zweitangeklagte Wiener (29) mit seinem Verteidiger Sascha König.
Sabine Hertel

Laut Staatsanwalt wurden Lokalbetreiber vom russischen Staatsbürger dazu genötigt, illegale Glücksspielautomaten in ihren Lokalen aufzustellen, alle Einnahmen einkassiert. Auch Bars sollen vom Tschetschenen Türsteher aufgezwungen worden sein. Monatlich seien 1.000 bis 1.300 Euro Schutzgeld pro Lokal verlangt worden.

"Sein Name war bekannt, Chef war er keiner"

"Er war als szenebekannter, im Kampfsport versierter, keinen Widerspruch duldender 'Chef der Tschetschenen', bekannt und gefürchtet", hatte der Staatsanwalt erklärt. "Sein Name war bekannt", bestätigte Januschke, Chef sei er aber keiner. Nun hofft der Jurist, dass sein Mandant für die Fortsetzung fit wird – eine rasche Genesung ist dem Mann zu wünschen. Die Unschuldsvermutung gilt.

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