Wirtschaft
Nach Beinahe-Kollaps: Wien Energie mit 226 Mio. Gewinn
Noch letzten Sommer machten die Geld-Probleme der Wien Energie die Runde. Wie sich nun herausstellte, machte das Unternehmen 2022 Millionengewinne.
August 2022: Am Wiener Ballhausplatz kommt es zu einem Krisengipfel mit den wichtigsten Vertretern der Politik. Anlass ist die Wien Energie, die in immense finanzielle Turbulenzen geschlittert ist. Der Konzern muss 1,7 Milliarden Euro hinblättern – bittet Stadt und Bund um Hilfe. Bürgermeister Michael Ludwig macht daraufhin insgesamt 1,4 Milliarden Euro locker, um die Geschäftsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten – "Heute" berichtete.
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März 2023: Das "profil" deckt auf, dass die Wien Energie im Krisenjahr 2022 satte Quartalsgewinne erzielte. Alleine im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres machte man 115 Millionen Euro (Vorsteuerergebnis) Gewinn. Bis Ende des dritten Quartals stieg dieser laut Bericht sogar auf 226 Millionen Euro an. Damit übertraf der Konzern den für das Gesamtjahr geplanten Vorsteuergewinn von 107 Milliarden Euro deutlich.
Wieso brauchte Wien Energie Geld?
Die Geschäfte der Wien Energie funktioniert folgenderweise: Über sogenannte Terminkontrakte kauft man an Energiebörsen Gas und verkauft über Derivatkontrakte den von ihr in Zukunft produzierten Strom. Als Absicherung müssen Verkäufer an Börsen finanzielle Sicherheiten hinterlegen – im Fachjargon spricht man von "Margins". Je höher der Strompreis ist, umso mehr Sicherheiten braucht die Wien Energie also. Schon 2019 zog der Preis für Storm stark an, der russische Einmarsch in der Ukraine machte alles nur noch schlimmer. Die 1,4 Milliarden dienten also dazu, Sicherheiten zu hinterlegen.
Opposition fordert Rücktritte
Der Schutzschirm seitens der Stadt zeigte Wirkung, der Konzern konnte das Geld zurückzahlen. Dennoch zeigt man sich in der Opposition misstrauisch. Der Wiener FPÖ-Klubobmann warf der SPÖ Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Steuerzahler vor. In einer Aussendung am Samstag sagte er: "Bürgermeister Ludwig und seine Sozialisten treiben für die Wiener die Strompreise in die Höhe, spekulieren mit diesem Geld an der Strombörse und Wien Energie / Stadtwerke streifen die Gewinne ein und zahlen den roten Bonzen Millionen an Bonus-Zahlungen aus." Er forderte Rücktritte "in diesen Bereichen", so Krauss.
Auch aus der ÖVP hagelte es heftige Kritik. Der türkise Klubchef Markus Wöblitsch tobte: "Obwohl es klare Warnsignale gab, hat die SPÖ an diesen Spekulationsgeschäften mit nach oben hin offenem Risiko festgehalten." Er warf Bürgermeister Ludwig zudem vor, schon im Vorfeld von den Liquiditätsproblemen der Wien Energie gewusst zu haben. "Wir glauben immer noch, diese Notkompetenz wurde zu Unrecht gezogen. Man kann sich das nicht hin- und herbiegen, wie man es gerade braucht", bemängelte David Ellensohn von den Grünen im "profil".
Wien Energie: "Kommentieren nicht weiter"
Was sagt eigentlich das Unternehmen selbst zu den teils sehr ernsten Vorwürfen? "Zwischen Ergebnis und Liquidität besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Die Interpretationen sind so nicht zulässig", hieß es auf Nachfrage von der "Krone". Die oft zitierten und internen Quartalsberichte der MA 5 würden kein Gesamtbild darstellen – es fehlen etwa Zahlen für die für das Kundengeschäft zuständige Vertriebstochter Wien Energie Vertriebs GmbH & Co KG, erklärte eine Unternehmenssprecherin.
Einzelne Zahlen seien außerdem aus dem Kontext gerissen. "Wir kommentieren diese internen und vertraulichen Berichte u.a. genau aus diesen Gründen nicht weiter. Wir werden selbstverständlich die Jahresbilanz 2022 entsprechend veröffentlichen", so die Sprecherin zur Krone.