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Tote Kinder wegen Maske? Polizei warnt vor Fake News
Im Netz kursieren Gerüchte, dass Kinder erstickt seien, weil sie eine Schutzmaske getragen haben. Experten kritisieren, die Polizei warnt.
"Vier tote Kinder wegen Maske in einer Woche": Auf Social Media, in diversen Chats und auf von Corona-Kritikern betriebenen Blogs kursieren seit Dienstag diverse Gerüchte über Todesfälle bei Kindern, die durch das Tragen von Schutzmasken ausgelöst worden sind. Die Kinder sollen unter anderem in Nordfriesland, in Baden-Württemberg und in Wiesbaden gestorben sein.
Beim jüngsten Vorfall in Schweinfurt sei ein sechsjähriges Mädchen auf dem Heimweg im Schulbus bewusstlos zusammengebrochen. Trotz der sofortigen Versorgung durch Rettungskräfte sei das Kind im Spital verstorben. Laut den Informationen der Corona-Kritiker hat der Arzt den Eltern gesagt, dass ihre Tochter an einer CO₂-Vergiftung gestorben sei.
Achtung, Falschmeldung
Nun warnt die Polizei Unterfranken vor den Gerüchten, die sie als Fake News bezeichnet, und ruft dazu auf, diese nicht zu teilen. Den Fall des sechsjährigen Mädchens sei erfunden. "Es gab keinen Vorfall. Nicht mit Todesfolge und auch nicht ohne", wird online mitgeteilt. Wie die Polizei weiter schreibt, hat die Kriminalpolizei Schweinfurt erste Ermittlungen eingeleitet, um die Urheber hinter den Behauptungen ausfindig zu machen.
Die Gerüchte, die auch unter internationalen "Corona-Rebellen" fleißig geteilt werden, haben ihren Ursprung beim deutschen Arzt Bodo Schiffmann, einem der bekanntesten "Gegenexperten" der Corona-Skeptiker. Die Schutzmaske bezeichnete er kürzlich als "Sklavenmaske" und als "Symbol der Unterdrückung". In einem Video erzählt er, dass das Kind "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" erstickt sei, weil es eine Maske getragen habe. Auf die Frage nach der Quelle verweist er auf sich selbst – er wolle seine Informanten "nicht in die Schusslinie" bringen. Beweise für die Behauptung gibt es nicht.
Deutsche Mediziner kritisieren die Gerüchte scharf. "Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ein Mensch lebensbedrohliche Symptome entwickelt, weil er eine Maske trägt", sagt Michael Pfeifer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, zur "Süddeutschen Zeitung". Das Tragen einer Schutzmaske als Todesursache sei sehr unwahrscheinlich, sagt auch Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), gegenüber ARD. Zudem seien die Meldungen nicht plausibel, da CO₂ durch die Masken entweichen könne.
Genug Luft zum Atmen
"Aus meiner Sicht ist die aufgestellte Behauptung schlicht unmöglich", sagt Christoph Berger, Leiter der Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene am Universitäts-Kinderspital Zürich zum "Heute"-Schwesternmedium "20 Minuten". Mit zertifizierten Masken bekommen Kinder laut Berger ausreichend Luft zum Atmen. Bei Kindern, die an einer Immunschwäche gelitten hätten und darum eine Maske tragen mussten, sei das bisher problemlos gegangen.
Wichtig sei dabei, dass die Eltern ihr Kind über den richtigen Umgang mit Schutzmasken aufklären und dessen Einsatz üben. "Wenn ein Kind aufgrund eines anderen Problems – etwa eines Asthma-Anfalls – Probleme mit der Atmung bekommt, dann weiss es, dass es die die Schutzmaske problemlos entfernen kann." Das Tragen von Schutzmasken wegen Covid-19 sei in der Schweiz aber sowieso erst ab zwölf Jahren empfohlen, sagt Berger. "Kleinkinder müssen grundsätzlich keine Maske anziehen."