"Unerträgliche Situation"
"Todeszone" – WHO fordert Evakuierung von Gaza-Spital
Nach einem Besuch des Al-Shifa-Krankenhauses spricht die WHO von einer katastrophalen Lage und fordert die vollständige Evakuierung des Spitals.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet mit Hochdruck an einem Plan zur Rettung der verbliebenen Patienten aus dem Al-Shifa-Spital im Gazastreifen. Am Samstag hätten Mitarbeiter das größte Krankenhaus im Gazastreifen aufgesucht und eine katastrophale Lage vorgefunden. Dort gebe es kein Wasser, keinen Strom und keine Nahrungsmittel mehr und kaum noch medizinischen Bedarf.
Am Mittwoch teilte die israelische Armee mit, bei ihrer Erststürmung des Spitals Waffen, Militärtechnologie sowie ein Kommandozentrum der Hamas entdeckt zu haben. Seit Tagen suchen die israelischen Streitkräfte auf dem Gelände nach der Hamas-Einsatzzentrale und ordneten daraufhin am Samstag die Evakuierung des Al-Shifa-Krankenhauses an.
Massengrab am Krankenhauseingang
Aus Sicherheitsgründen konnte das Team der WHO nur eine Stunde im Krankenhaus verbringen. WHO-Fachleute sprachen von einer "Todeszone" und einer "verzweifelten" Lage im Krankenhaus. "Es waren Anzeichen von Beschuss zu erkennen. Das Team sah ein Massengrab am Eingang des Krankenhauses und erfuhr, dass dort mehr als 80 Menschen begraben seien", heißt es in der Erklärung der WHO.
Die Gänge seien voll mit medizinischen und anderen Abfällen, was das Infektionsrisiko erhöhe. "Angesichts dieser erbärmlichen Situation und des Zustands vieler Patienten, darunter Babys, bat das Personal um Unterstützung bei der Evakuierung von todkranken Patienten, die dort nicht mehr versorgt werden können", so WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Die WHO arbeite mit Partnern daran und verlange Unterstützung für diesen Plan.
Video: Evakuierung von Al-Shifa-Klinik
"Situation ist unerträglich"
Tedros nannte weder Israel, dessen Militär das Spital eingenommen hat, noch die im Gazastreifen regierende extremistische Palästinenserorganisation Hamas beim Namen. "Die derzeitige Situation ist unerträglich und nicht zu rechtfertigen", schrieb er. "Feuerpause. JETZT", fügte er hinzu.
Der Besuch wurde zwar mit dem israelischen Militär koordiniert, um die Risiken zu reduzieren, jedoch äußerte sich dieses vorerst nicht zu der WHO-Erklärung oder dem Besuch. Nach Angaben der WHO befanden sich noch 25 Mitarbeiter des Gesundheitspersonals und 291 Patienten, darunter 32 Babys in kritischem Zustand, im Spital. Die verbliebenen 2.500 Binnenvertriebene, die auf dem Al-Shifa-Gelände Zuflucht gesucht hatten, seien bereits verschwunden gewesen, nachdem das israelische Militär am Samstag Evakuierungsbefehle erlassen hatte.