Tierisch inszeniert

Tierrettung wird zu Tierquälerei – Fake Videos erkennen

Ob man es glaubt oder nicht – die meisten Tierrettungsvideos, die Millionen Klicks in den sozialen Medien generieren, sind inszeniert.

Tierrettung wird zu Tierquälerei – Fake Videos erkennen
Ein internationales Bündnis gegen Online-Tierleid analysierte mehr als 600 Videos.
©Welttierschutzgesellschaft e.V

Ein internationales Bündnis der Welttierschutzgesellschaft e.v. (WTG) mit der Social Media Animal Cruelty Coalition (SMACC) analysierte bei ihrem Kampf gegen Online-Tierleid mehr als 600 Tierrettungsvideos in den sozialen Medien. Viele Beiträge sind dabei auf Kosten der Tiere inszeniert, bringen Tiere in Gefahrensituationen, um dann die heldenhafte Rettung mitfilmen zu können und möglichst viele Klicks und eine große Reichweite zu generieren.

Betrug auf Kosten der Tiere

Der Bericht mit dem Titel "Betrug auf Kosten der Tiere: Inszenierte Tierrettungen (Fake-Rescues) auf Social Media" deckt auf Basis einer Analyse von mehr als 600 Videos auf Facebook, TikTok, YouTube und weiteren sozialen Netzwerken die verschiedenen Formen von Fake-Rescues auf und gibt wichtige Tipps, wie Nutzer inszenierte von echten Tierrettungen unterscheiden.

Der Hintergrund

Viele Social-Media-User definieren sich durch die Reichweite ihrer Beiträge, weshalb es verlockend scheint, ein willkürliches Tier in eine Gefahrensituation zu bringen, um dann mit einer inszenierten Rettungsaktion eine Reichweite im Milliarden-Bereich zu kreieren. Der physische und psychische Schaden am Tier ist für den User dabei völlig irrelevant.

Fake-Rescues sind eine besonders perfide Form von Tierleid in den sozialen Netzwerken, weil Tiere massiv gequält werden, damit eine Rettung inszeniert werden kann
Wiebke Plasse
Leiterin Kommunikation, Welttierschutzgesellschaft e. V.

"Wir dokumentierten unter anderem Videos mit Kätzchen, die verwahrlost waren und misshandelt wurden, mit Welpen, die in Plastiktüten oder Klebeband eingeschnürt wurden, oder mit Affen, denen unter Schmerzen zuvor aufgeklebte Gegenstände entfernt werden. Das ist massives Tierleid nur für Likes und Reichweite", erzählt Plasse weiter.

Verschiedene Formen

Ein Rechercheteam des globalen Bündnisses, das aktuell 29 Tierschutzorganisationen umfasst, hat für den neuen Bericht über drei Monate Videos von inszenierten Tierrettungen dokumentiert und analysiert. Anhand einer Checkliste konnte bestätigt werden, dass alle Videos inszeniert waren. Insgesamt wurden neun unterschiedliche Formen von inszenierten Rettungen ermittelt, die sich in drei große Themenblöcke gliedern lassen:

- vermeintlich verlassene, aufgefundene oder sogar begrabene Tiere;
- Tiere in misslicher Lage, wie Feststecken in Plastiktüten, mit verschnürten Gliedmaßen, oder Tiere kurz vor dem Ertrinken;
- Tiere, die von anderen Tieren "gerettet" werden, die im realen Leben gar nicht aufeinandertreffen würden;
- Vermeintliche, tiermedizinische Behandlungen, wie eine "Wiederbelebung" oder eine unprofessionelle Behandlung von Tieren, die von unnatürlich vielen Parasiten befallen wurden;

Die Beispiele belegen, dass inszenierte Rettungsvideos enormes Tierleid verursachen, erläutert Wiebke Plasse. "Auch Tierärzte haben die Videos für den Bericht umfassend analysiert und konnten feststellen, dass die Tiere durch die Inszenierungen schmerzhafte, physisch schädliche und traumatische Erfahrungen erleiden müssen, die bis zum Tod führen können. Die Qualen, die die Erstellenden von Fake-Rescue-Inhalten den Tieren zufügen, um sich als ihre Retter darzustellen, kennen kaum Grenzen."

PETITION:
Folgende Petition soll Tierleid in den sozialen Netzwerken stoppen!
Bitte unterschreibe HIER

Die drei Schritte – "A-R-E"

Natürlich gefällt uns eine Tierrettungsgeschichte, die wir dann mit Freunden teilen, weil wir uns schließlich mit dem geretteten Tier freuen. Die Verantwortlichen erreichen damit die große Reichweite und manchmal sogar die Monetisierung ihres Kanals. Das Ziel der Tierschutzorganisationen ist natürlich, dass Moderationsteams konsequent kontrollieren und löschen, aber auch dass man als Nutzer skeptischer wird und inszenierte Inhalte erkennt und meldet.

Zu diesem Zweck definiert der aktuelle SMACC-Bericht drei Schritte (A-R-E), um einen Inhalt auf Echtheit zu überprüfen: dessen Authentizität prüfen, einen Realitätscheck durchführen sowie auf die Form der Erstellung achten. Konkrete Fragestellungen, die Nutzer entlang dieser drei Schritte helfen, hat die Welttierschutzgesellschaft in einem Leitfaden zusammengestellt.

Authentizität prüfen

1. Ist eine echte Tierschutzorganisation an der Tierrettung beteiligt?
2. Hat der Kanal eine einmalige Tierrettung dokumentiert, oder tummeln sich hier viele Beiträge mit merkwürdigen "Zufällen", ohne dass eine Tierschutzorganisation in einem Krisengebiet dahintersteht?
3. Gibt es Informationen zu dem geretteten Tier, wie sein Verbleib, seine Genesung oder sein neues Zuhause?
4. Handelt es sich bei den Tierrettungen immer um die gleiche Person? Sofern nicht ganz klar hervorgeht, dass es sich hier um den Beruf handelt – Finger weg!

Realitätscheck durchführen

1. Wie wahrscheinlich ist die Gefahrensituation, in der sich das Tier befindet? Hier sind vor allem Fundtiere – Welpen, Kätzchen – in Mülltüten, oder wirklich merkwürdigen Plätzen gemeint.
2. Erscheint das Tier in mehreren Inhalten? Wird ein Welpe beispielsweise mehrmals zufällig gefunden und "gerettet"?

Erstellung des Videos

1. Wird die tatsächliche Rettung verzögert, um aus mehreren Winkeln mitzufilmen?
2. Ist es wirklich eine "zufällige Tierrettung", wenn mehrere Menschen an einem Video arbeiten, aus mehreren Winkeln filmen und die Rettung unnötig in die Länge ziehen?

Scheue dich nicht, zu hinterfragen, ob bestimmte Inhalte tatsächlich der Wahrheit entsprechen können. Ob sich beispielsweise ein Wildtier in eine merkwürdige Situationen manövrieren könnte, oder das Video (ohne professionellen Tierschutz-Hintergrund) viel zu durchdacht für einen zufälligen Haustierfund ist? Auch wenn es oft wenig Konsequenzen mit sich trägt, sollte ein zwielichtiger Beitrag immer gemeldet werden, um den Kanal ins Scheinwerferlicht der Moderatoren zu rücken.

Auf den Punkt gebracht

  • Viele Tierrettungsvideos auf Social Media sind inszeniert und verursachen erhebliches Tierleid, um Klicks und Reichweite zu generieren
  • Ein Bericht der Welttierschutzgesellschaft und der Social Media Animal Cruelty Coalition analysierte über 600 solcher Videos und gibt Tipps, wie Nutzer echte von gefälschten Rettungen unterscheiden können, indem sie die Authentizität, den Realitätscheck und die Erstellung der Videos überprüfen
red, tine
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