Tierischer Umzug

Tiergarten Schönbrunn: Umsiedelung für den Artenschutz

Aus dem Backstage-Bereich des alten Aquarienhauses werden Fische, Garnelen & Co. seit Wochen in die brandneue Aqua-Forschungsstation umgesiedelt.
27.02.2025, 10:43

Jeder von uns weiß, wie aufwändig und belastend ein Umzug sein kann. Wenn man allerdings auch noch eine sogenannte "Reservepopulation" einer bedrohten Art unbeschadet von A nach B transportieren muss, zerrt das ganz bestimmt an allen Nerven. Im Tiergarten Schönbrunn sind seit Dezember Fische, Garnelen, Pflanzen und Co. ganz sachte auf dem Weg vom Backstage-Bereichs des alten Aquarienhauses in die neu errichtete Aqua-Forschungsstation.

„Unsere Tiere sind eine der wenigen verbliebenen Reserven für den Erhalt dieser Tierarten auf unserem Planeten.“
Dr. Stephan Hering-HagenbeckTiergartendirektor Schönbrunn

90 Arten

Mittlerweile sind alle 90 Süßwasserarten erfolgreich umgezogen. Dieser aufwendige Prozess erfolgte schrittweise. Oft wurde vorerst nur ein Teil einer Fischart umgesiedelt – und das aus gutem Grund. Der Tiergarten hält rund 60 bedrohte Süßwasserfischarten. Vier davon sind in der Wildbahn bereits ausgerottet. Dazu gehören etwa der Langflossen-Wüstenkärpfling und die Petzea-Rotfeder.

Tierpfleger Patrick Aßlaber beim Einsetzen einer Fischart in der neuen Aqua-Forschungsstation
©Daniel Zupanc

"Gerade beim Erhalt von Reservepopulationen spielen zoologische Gärten und Aquarien eine Schlüsselrolle. Diese unwiederbringlichen Reservepopulationen sind die Grundlagen für mögliche Auswilderungen. Deshalb erfolgte deren Übersiedelung gestaffelt. Hätte ein Teil von ihnen nicht überlebt, wäre nicht gleich die ganze Art verloren", erläutert der Tiergartendirektor weiter.

Ständige Kontrollen

Als Vorbereitung wurden die neuen Becken über mehrere Wochen "eingefahren" und ihre Wasserwerte regelmäßig geprüft. Dann konnten die ersten Fische an ihr neues Zuhause akklimatisiert werden. Zeigten sie über mehrere Tage normales Verhalten, folgte der Rest ihrer Artgenossen.

Langfristig sollen in der neuen Aqua-Forschungsstation des Tiergartens zahlreiche hoch bedrohte Arten erhalten, gezüchtet und erforscht werden. Denn der Schutz bedrohter Süßwasserarten ist wichtiger denn je, wie eine aktuelle Studie unter der Leitung der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) zeigt: Bereits ein Viertel aller Süßwasserlebewesen ist von der Ausrottung bedroht. Obwohl Süßwasser weniger als ein Prozent aller aquatischen Lebensräume ausmacht, beherbergt es über die Hälfte der bekannten Fischarten.

„Durch Umweltverschmutzung, Staudämme, Überfischung und weitere Bedrohungen verschwinden zahlreiche Süßwasserarten – und das, während viele Menschen noch nie von ihnen gehört haben“
Anton WeissenbacherZoologischer Kurator im Tiergarten

"Tiere wie Wüstenkärpflinge sind kaum bekannt, ihr Schutz ist aber genauso wichtig wie der Delfin oder Meeresschildkröten", betont der Zoologe weiter. Mit dem derzeit in Planung befindlichen neuen Artenschutz-Aquarium möchte der Tiergarten Schönbrunn die Bedeutung der Süßwasser-Biodiversität noch stärker ins Bewusstsein rücken. In einem eigenen Bereich sollen Besucher spannende Einblicke in die wertvollen Forschungs- und Erhaltungsprojekte des Tiergartens erhalten.

Hier sieht man den Langflossen-Wüstenkärpfling (Cyprinodon longidorsalis), der in der Natur bereits ausgerottet wurde
©Daniel Zupanc
{title && {title} } tine,red, {title && {title} } Akt. 27.02.2025, 11:55, 27.02.2025, 10:43
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