Oberösterreich

"Teuerung enorm" – 100.000 Arbeitslosen droht nun Armut

Die Lage ist besorgniserregend: Langzeit-Arbeitslose haben ohnehin schon zu kämpfen. Wegen der Krise geraten sie jetzt noch mehr unter Druck.

Tobias Prietzel
Menschen ohne Arbeit trifft die anhaltende Krise besonders hart.
Menschen ohne Arbeit trifft die anhaltende Krise besonders hart.
Neumayr / picturedesk.com

Die Arbeiterkammer Oberösterreich schüttelt den Kopf über die Regierung: Sie weist darauf hin, dass der Bund zwar die "dringend nötige" Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen beschlossen hat. "Dass das Arbeitslosengeld davon ausgenommen ist, ist aber völlig unverständlich", kritisiert Präsident Andreas Stangl.

Schon vor der Teuerungswelle sei ein Großteil der Arbeitslosen von Armut bedroht gewesen. "Durch ihre Untätigkeit verschärft die Bundesregierung die Notlage der Betroffenen dramatisch."

Bereits jetzt sind in Österreich laut AK 57 Prozent der ganzjährig Arbeitslosen armutsgefährdet. In absoluten Zahlen sind das rund 112.000 Menschen.

Der Arbeitslosengeld-Bezug liegt demnach im Schnitt bei monatlich 1.077 Euro und damit deutlich unter der Armutsschwelle von 1.371 Euro. Die durchschnittliche Notstandshilfe beträgt gar nur 931 Euro pro Monat. 

"Arbeitslose mit einem geringen Einkommen können sich aufgrund der enormen Teuerung Wohnen, Energie und Essen nicht mehr leisten." AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl

"Arbeitslose mit einem derart geringen Einkommen können sich aufgrund der enormen Teuerung Wohnen, Energie und Essen nicht mehr leisten", sagt Stangl. Menschen, die ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen können oder diese möglicherweise verlieren, hätten immer mehr Angst, ohne Job in eine existenzielle Krise zu geraten.

AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl will Tausenden Menschen, darunter Kinder und Jugendliche, die Armut ersparen.
AK-OÖ-Präsident Andreas Stangl will Tausenden Menschen, darunter Kinder und Jugendliche, die Armut ersparen.
AK OÖ/Wolfgang Spitzbart

"Armutsfestes Arbeitslosengeld" gefordert

Der AK-Präsident pocht daher auf "ein armutsfestes Arbeitslosengeld". Die Ersatzrate, die derzeit 55 Prozent des letzten oder vorletzten Jahres-Nettoeinkommens ausmacht, müsse auf 70 Prozent erhöht werden.

Von einer Erhöhung würden vier von fünf Menschen ohne Beschäftigung profitieren, zitiert Stangl aus einer Studie des "Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung".

Rund 37.300 Personen, darunter 6.500 Kinder und Jugendliche, würden dadurch aus der Armut befreit.

Zusätzlich zur Anhebung der Ersatzrate fordert die AK Oberösterreich "eine spürbare Valorisierung" des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe ab 1. Jänner 2023. Auch der Familienzuschlag müsse dringend von 97 Cent auf mindestens 2 Euro täglich erhöht werden. "Denn dieser wurde nicht erst durch die aktuelle Teuerung entwertet, sondern ist seit mehr als 20 Jahren nicht mehr erhöht worden", sagt der Präsident.

Bedingungen "massiv verschlechtert"

"Heute" hat erst dieser Tage von einem Oberösterreicher berichtet, der sich nicht einmal mehr Butter auf dem Brot leisten kann. Die Lebensbedingungen für Menschen mit geringem Einkommen haben sich "massiv verschlechtert", warnt auch die Linzer Arge für Obdachlose.

1/51
Gehe zur Galerie
    <strong>22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen.</strong> Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – <a data-li-document-ref="120073911" href="https://www.heute.at/s/so-will-neos-chefin-die-mindestsicherung-neu-aufsetzen-120073911">und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.</a>
    22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen. Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.
    Helmut Graf
    An der Unterhaltung teilnehmen