Niederösterreich
Täter spotten: "Leonie selbst schuld, dass sie tot ist"
Im Todesrätsel um die kleine Leonie ist nun klar, wie die 13-Jährige in die Wohnung ihrer Peiniger gelangte. Dringend tatverdächtig: 4 Afghanen.
Die akribischen Ermittlungen der Kripo im "Fall Leonie" werden sich noch wochenlang hinziehen, die Polizei will kein Detail in dem fürchterlichen Kriminalfall übersehen. Die Polizei hat in tagelanger Arbeit nun die letzten Stunden im Leben des Mädchens rekonstruiert. Laut "Heute"-Recherchen war Leonie am Tattag (ca. 3 Uhr früh) in einer Wohnung in der Erzherzog-Karl-Straße in der Wiener Donaustadt eine Überdosis Ecstasy ins Glas gemischt worden. Dann soll das Mädchen mehrfach vergewaltigt worden sein. "Heute" veröffentlicht die Details des Todeskampfes bewusst nicht. Nur so viel: Der massiven Überdosierung und dem Gewicht der Männer war Leonies zierlicher Körper nicht gewachsen – schließlich hörte die bereits weggetretene 13-Jährige auf zu atmen.
Wer löschte Leonies Leben aus?
Im Anschluss soll das leblose Mädchen auf einem Grünstreifen abgelegt worden sein, ein Verdächtiger rief am nächsten Morgen gegen 7 Uhr die Rettung. Eine zufällig vorbeikommende Passantin begann sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Jener 16-jährige Afghane, der mittlerweile in U-Haft sitzt und angibt, der Freund von Leonie gewesen zu sein, stieß als vermeintlich unbeteiligter "Spaziergänger" dazu. Doch wer hat Leonie auf dem Gewissen? Die Beschuldigten schieben sich die Schuld gegenseitig in die Schuhe.
In den Einvernahmen verspotten die Beschuldigten auch noch das Opfer: "Sie ist selbst schuld, dass sie gestorben ist. Sie nahm Drogen und ist von zu Hause weggelaufen", gab der 18-jährige Wohnungsmieter sinngemäß zu Protokoll.
Vier Verdächtige gibt es derzeit – wie tief jeder Einzelne in den Kriminalfall verstrickt sind, ist jedoch noch nicht ganz klar, es gilt die Unschuldsvermutung. Das Quartett, das im Fokus der Fahnder steht, soll jedenfalls gern Zeit auf der Donauinsel, beim Donaukanal und Prater herumgetrieben haben. Ersten Erkenntnissen zufolge dürften nicht alle Freizeitaktivitäten legal gewesen sein.
Über Rumänien nach Österreich
Erste Details gibt es nun auch zu jenem 16-jährigen Burschen, der dem Haft-Richter anvertraut hatte, eine Beziehung mit Leonie geführt zu haben. Er war erst am 7. April 2021 – also knapp drei Monate vor der Tat – über Rumänien nach Österreich gekommen. Seine Schwester und Mutter sind schon länger im Land – er fand daher recht schnell Anschluss in der Afghanen-Szene, wo er einen Rufnamen genoss.
Auch sein 18-jähriger Kumpel (in seiner Wohnung in der Donaustadt ereignete sich die erschütternde Tat) hatte einen Spitznamen. Der Mann soll selbst Drogen und Alkohol nicht abgeneigt gewesen sein und kam 2015 nach Österreich. Laut eigenen Angaben reiste er bereits als Elfjähriger über den Iran ein und schlug sich dann alleine zu Fuß durch halb Europa durch.
Mit Cousine verheiratet
Ein 23-Jähriger, der ebenfalls in der Justizanstalt Josefstadt einsitzt, soll hingegen "nur" als Dealer (Kokain, XTC und Cannabis) fungiert haben. Er wird zwar teils auch von den Beschuldigten belastet, dürfte aber nach jetzigem Stand zum Tatzeitpunkt nicht in der Wohnung gewesen sein. Der 23-Jährige verlor laut eigenen Angaben durch einen Bombenangriff in Afghanistan seinen Bruder, wurde selbst verletzt und heiratete danach in Afghanistan seine Cousine, ehe er nach Österreich flüchtete. Der älteste Verdächtige könnte bald enthaftet werden.
Fakt ist mittlerweile: Drei der vier Verdächtigen haben Vorstrafen, zwei der Männer sollten gar nicht mehr im Land sein, wurden wegen Gerichtspannen nicht abgeschoben – mehr dazu hier und hier. Der 16-, 18- und 23-Jährige sitzen in U-Haft, wobei der 23-Jährige womöglich nur wegen Drogendeals vor Gericht muss. Nach einem 22-Jährigen wird nach wie vor international gefahndet.
"Ich bin weggelaufen"
Doch wie geriet das spätere Opfer in diese zwielichtigen Kreise? Leonie (13), die laut Eltern, ein Freigeist und Rebell war (hier das Interview mit der Mutter), hielt sich trotz Verboten und schriftlichen Vereinbarungen von Mutter und Psychologin gerne im Prater oder am Donaukanal auf. Mit ihrer besten Freundin (15) bereitete sie den Eltern schlaflose Nächte, sagte auch in Wien laut Zeugen offen ihren "neuen Freunden": "Ich bin erst 13 und von zu Hause weggelaufen."
Leonie war in den letzten Wochen offenbar unter dem Einfluss von windigen Typen, wie dem knapp 30-jährigen Österreicher "Rambo" (Anm.: Rufname geändert) oder einem Niederösterreicher namens "No fear" (Rufname auch geändert). Am Abend vor der Tat hing Leonie mit ihrer besten Freundin in Tulln ab, fuhr mit älteren Bekannten durch die Gegend und kam nicht – wie mit der Mutter vereinbart – nach Hause. Sie kommunizierte noch mit dem Handy ihrer Freundin (meist über ihren Instagram-Account "Leonie 2.0") mit der Mutter. Leonies letzte zwei Geräte gingen übrigens beide zu Bruch.
Bekannter als Chauffeur
Die 15-jährige Freundin verabschiedete sich gegen 23.30 Uhr von Leonie, da hatte diese längst schon einem losen Bekannten (27) aus Tulln angeschrieben. Die Bitte des Mädchens: "Fahrst mit mir nach Wien!?" Der 27-jährige Verkäufer willigte nach anfänglichem Zögern ein, kutschierte Leonie tatsächlich in die Hauptstadt. Laut ihm habe sie am Donaukanal Bekannte getroffen und ihn dann einfach stehen gelassen. Um 2 Uhr früh wurde Leonie noch von einem 15-Jährigen gesehen, dann dürfte sie mit zwei Verdächtigen mit der U1 in die Wohnung des 18-Jährigen in die Erzherzog-Karl-Straße gefahren sein.
Syrer gab Hinweise
Klar wird nun auch, wie das mutmaßlich kriminelle Quartett aufflog: Einer der Beschuldigten hatte sich einem Syrer anvertraut. Dieser Kronzeuge trug dann maßgeblich zur Festnahme des 16-Jährigen und 18-Jährigen bei. Der 18-Jährige wurde in einer Pizzeria, wo er unangemeldet als Küchenaushilfe gearbeitet haben soll, festgenommen. Der 16-Jährige wurde vom Syrer unter einem Vorwand zur U1-Station Donausinsel gelockt. Auch konnte der Syrer wertvolle Hinweise zum Verbleib des flüchtigen 22-Jährigen liefern.
Anwalt Höllwarth betreut Opferfamilie
Laut einem Ermittler gab es eher keinen Mord-Vorsatz im "Fall Leonie": "Eine Tötungsabsicht dürften sie vermutlich nicht gehabt haben. Fakt ist aber: Mit der Überdosierung und der Vergewaltigung nahmen die Verdächtigen Leonies Tod billigend in Kauf." Die Familie von Leonie wird von Opferanwalt Florian Höllwarth betreut, der 16-Jährige von Anwalt Peter Philipp, der 18-Jährige von Anwalt Thomas Nirk.
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