Wien

Täglich 30 neue "Kunden" für FSW Schuldenberatung

Die Schuldenberatung hatte allein im Jänner 220 Neukunden. Der Bedarf an Beratungen werde steigen. Grund seien Teuerung, steigende Zinsen und Covid.

Heute Redaktion
Die Teuerung treibt immer mehr Österreicher in die Armut. (Symbolbild)
Die Teuerung treibt immer mehr Österreicher in die Armut. (Symbolbild)
Getty Images/iStockphoto

Die FSW Schuldenberatung berät und unterstützt Privatpersonen bei Schuldenproblemen – vertraulich und kostenlos. Der Bedarf steigt. "Heute" hat mit den Experten gesprochen. Die Fragen beantwortete Gudrun Steinmann. Sie ist die Leiterin der Finanzbildung der FSW Schuldenberatung.

"Heute": Wie viele Beratungen führen Sie und Ihre Kollegen pro Tag?

Gudrun Steinmann: In der Schuldenberatung gibt es pro Tag zwischen 20 und 30 Neuanmeldungen. Pro Tag werden in Summe ca. 150 Beratungsgespräche durchgeführt (vom Erstkontakt über Folgegespräche, Vorbereitungsgespräche zu Konkursen bis hin zu Abschlussgesprächen nach einer Tagsatzung beim Bezirksgericht) – dies sowohl telefonisch als auch persönlich im Büro. Zusätzlich sind die Kolleg:innen auch regelmäßig für Begleitungen zu Tagsatzungen/Bezirksgericht als auch Telefonfachauskünfte eingeteilt. In der Beratung sind aktuell 29 VZÄ sowie 5 VZÄ Admin Assistenz tätig. Im Dezember 2022 gab es 15 Prozent mehr Ansuchen als im Vergleichszeitraum 2021. Und im Jänner 2023 bereits 220 neue Anmeldungen.

"Heute": Rechnen Sie mit einem Anstieg der Beratungen?

Gudrun Steinmann: Die Schuldenberatung rechnet mit einem Anstieg an Kund:innen. Gründe dafür sind die Ausläufe von Corona (Folgen von Kurzarbeit, das Ersparte ist aufgebraucht), Steigerung der Kreditzinsen und natürlich durch die hohe Inflation/Teuerung. Anfang des Jahres machen sich auch oft Neujahrsvorsätze – "Jetzt regle ich meine Schulden sowie die neuerlichen Betreibungsschritte von Gläubigern" (Mahnungen werden versendet, Gerichtsvollzieher steht vor der Tür) bemerkbar.

"Heute": Warum kommen Menschen in die Beratung?

Gudrun Steinmann: Menschen kommen in die Beratung, weil sie professionelle Hilfe bei der Bewältigung ihrer Schulden brauchen. Das Angebot der Schuldenberatung ist kostenlos und kann bereits angenommen werden, bevor der Gerichtsvollzieher in der Türe steht. Bereits eine Budgetberatung lohnt sich, damit man ein besseres Auskommen mit dem Einkommen findet. Die Teuerung zwingt viele Menschen, ihre Ausgaben des täglichen Lebens kritisch zu überdenken. Wir helfen dabei, die richtigen Prioritäten zu setzen.

"Heute": Wer sind die Berater, was befähigt diese zur Beratung?

Gudrun Steinmann: Die FSW Schuldenberatung ist staatlich anerkannt und ISO-zertifiziert. In der Beratung sind vorwiegend Jurist:innen und Sozialarbeiter:innen tätig. Diese werden neben einer Grundeinschulung bei der Schuldenberatung zusätzlich durch die Dachorganisation asb – speziell geschult und zu staatlich anerkannten Schuldenberater:innen ausgebildet.

"Heute": Wie kann die FSW Schuldenberatung konkret helfen?

Gudrun Steinmann: Die FSW Schuldenberatung berät und unterstützt Privatpersonen bei Schuldenproblemen – vertraulich und kostenlos.  Wir analysieren gemeinsam den IST-Stand und besprechen individuelle Lösungsmöglichkeiten. Das kann zum Beispiel ein Privatkonkurs oder das "Betreute Konto" sein. Wir bieten aber auch Budgetberatung an und sind an Wiener Schulen aktiv und bieten dort den Finanzführerschein an.

"Heute": Wer kommt in die Beratung?

Gudrun Steinmann: Verschuldung kann jeden treffen. Insofern findet man unter den Kunden der Schuldenberatung sowohl Personen mit Pflichtschulabschluss als auch Akademiker. 2021 gab es 11.159 Kunden, davon waren 6.543 Männer. Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren. Wir haben aber nicht zu allen Kund:innen alle Daten. Knapp die Hälfte haben die österreichische Staatsbürgerschaft. Bei rund 41 Prozent wird Arbeitslosigkeit angeführt. Als Ausbildung haben 27 Prozent einen Pflichtschulabschluss (größte Gruppe) – jedoch ist hier der unbekannte Wert mit 42 Prozent recht hoch.

"Heute": Was könnte Ihrer Meinung nach dazu beitragen, die Verschuldung zu stoppen?

Gudrun Steinmann: Ganz wichtig ist uns die Prävention. Wir bieten kostenlose Workshops u.a. Mutter-Kind-Einrichtungen sowie den Finanzführerschein für junge Erwachsene unter 25 Jahren und in polytechnischen Schulen bzw. Berufsschulen an. Dieses Jahr werden wir den 5.000sten Finanzführerschein an einen Wiener Schüler/eine Wiener Schülerin überreichen können. Denn wer vorab lernt, mit seinem Geld gut auszukommen, landet seltener in der Schuldenfalle. Über Geld reden und sich seiner Einnahmen und Ausgaben bewusst zu sein, hilft nicht in die Schuldenfallen zu tappen.

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