Welt
Supermakt zwingt Kunden zu Bio- statt Billig-Produkten
Weil die Migros auf Bio setzt und der Platz in den Regalen beschränkt ist, fliegen günstigere konventionelle Produkte aus dem Sortiment.
Über 5.000 Bio-Produkte hat die Migros in der Schweiz heute in ihrem Sortiment – und es werden immer mehr. Wie im Onlinemagazin der Detailhändlerin steht, ist Bio schon jetzt "allgegenwärtig". Zudem ist es das erklärte Ziel der Migros, den Anteil an Bio-Produkten zu erhöhen, wie die "SonntagsZeitung" berichtet.
Doch dies führt auch dazu, dass in den Regalen oft kein Platz mehr für günstigere konventionelle Nahrungsmittel ist und diese den Bio-Produkten weichen müssen, die nicht selten 50 bis 100 Prozent teurer sind. So wird als Beispiel etwa der M-Classic-Bananenquark angeführt, den es nur noch in Bio-Qualität gibt und der dann 46 Prozent mehr kostet – was auf Facebook und der Social-Media-Plattform Migipedia beklagt wird. "Wird man von der Migros gezwungen, Bio-Produkte zu kaufen?", heißt es da etwa. Und: "Wer zu den Menschen gehört, die aufs Geld achten müssen, kann sich das nicht mehr leisten."
Kein Platz für doppelte Artikel
Konventionelle Produkte durch Bio-Produkte auszutauschen, hat bei der Migros System. "Es ist uns wichtig, dass wir in jedem Sortimentsbereich auch Bioartikel zum Verkauf anbieten. Die Regalplätze lassen es jedoch nicht zu, dass wir jeden Artikel doppelt führen – also in Standard- und Bioqualität", schreibt eine Migros-Verantwortliche auf Migipedia. So müsse von Fall zu Fall entschieden werden, was in den Gestellen noch Platz habe oder weichen müsse. Derzeit machen laut "SonntagsZeitung" Bio-Lebensmittel bei der Migros rund zwölf Prozent des Umsatzes aus, beim Konkurrenten Coop liegt der Anteil gar bei 14 Prozent.
Doch dass mit dem zunehmenden Bio-Boom preisbewussten Konsumentinnen und Konsumenten oft die Wahl, günstiger einzukaufen, genommen wird, stößt auf Kritik. "Für den Konsumentenschutz ist es heute weiterhin wichtig, dass es eine Wahlmöglichkeit gibt", sagt Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung Konsumentenschutz. Zudem findet sie die großen Preisunterschiede zwischen herkömmlichen und Bio-Produkten nicht nachvollziehbar und verdächtigt – wie auch der Preisüberwacher – die Großverteiler, überhöhte Margen abzuschöpfen.
Einkaufstourismus als Alternative
Diese Entwicklung hin zu teurem Bio könnte zu einer Zunahme des Einkaufstourismus führen, was nicht im Sinne der Umwelt ist. So wird im Bericht die Migros-Filiale Stabio an der Grenze zu Italien genannt, die kürzlich geschlossen wurde. Luca Corti, Kommunikationschef der Migros Tessin, beklagte im "Corriere del Ticino" eine "massive Rückkehr zum grenzüberschreitenden Einkaufen" und warnte, dies könnte "schmerzhafte Entscheidungen" notwendig machen.