Klimaschutz

Studie: Klein-AKW teuer, riskant und keine Klima-Lösung

Klimastadtrat Czernohorszky spricht sich gegen die EU-Taxonomie, Atomkraft als "grün" einzustufen, aus. Mini-Atomkraftwerke sind auch keine Lösung.

Lydia Matzka-Saboi
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Eine aktuelle Wiener Studie weist auf die Gefahren der "Small Modular Reactors" (SMRs) hin.
Eine aktuelle Wiener Studie weist auf die Gefahren der "Small Modular Reactors" (SMRs) hin.
Getty Images

Dass die EU unter gewissen Auflagen auch Atomkraft als "grün" einstufen will, sorgt hierzulande für große Kritik. Mit der Frage, ob kleinere Kernkraftwerke - sogenannte Small Modular Reactors (SMRs) - eine Lösung sein könnten, hat sich eine von der Stadt Wien geförderte Studie des Forums Wissenschaft & Umwelt gewidmet. Sie kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass auch Klein-Reaktoren sehr teurer und hochriskant sind.

Die von Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Freitag präsentierte Studie hat sich bestehende Konzepte von "Mini-Atomkraftwerken" angeschaut. Sie wurden kürzlich von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Lösung der Klimakrise beworben. Zwar will Frankreich seinen Anteil des Atomstroms im Energiemix bis 2035 von derzeit 70 auf 50 Prozent senken, gleichzeitig will Macron aber Mini-Atomreaktoren bauen lassen – die sich allerdings erst im Entwicklungsstadium befinden.

Die Verfechter von Atomenergie - neben Frankreich sind das in der EU Belgien, Tschechien, Ungarn, die Slowakei, Finnland, Slowenien, Kroatien, Polen, Bulgarien und Rumänien - argumentieren damit, dass Atomkraft eine "unverzichtbare Übergangstechnologie" darstellt. Polen argumentiert, dass es ohne den Bau von AKW den Ausstieg aus der Kohlekraft nicht schaffen könne. Und dafür brauche es Mittel aus EU-Töpfen.

Auch Mini-AKW zu teuer und riskant

Genau hier setzt auch die Kritik von Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky an: Die Mini-Reaktoren existieren vor allem auf dem Papier. Ihre Entwicklung komme zur Lösung der Klimakrise ohnehin zu spät. "Lediglich in Russland sind zwei derartige Reaktoren auf einem Schiff im Einsatz", berichtete Studienleiter Reinhold Christian. In der Studie "Ökonomie der Small Modular Reactors" musste man sich daher vor allem Projekten widmen, die in der Umsetzungsphase sind.

Berücksichtigt wurden Anlagen, deren Nennleistung unter 500 Megawatt liegt. Wirklich gering sei dieser Wert aber nicht. Er entspricht rund 40 Prozent der projektierten Leistung des Atomkraftwerks Zwentendorf. Ein Indiz dafür, dass sich derartige Reaktoren wirtschaftlich rechnen würden, fanden die Autoren laut eigenen Angaben nicht.

Die Bau-, Betriebs- und Endkosten sind laut Studie im Verhältnis deutlich höher als bei herkömmlichen Reaktoren, unter anderem weil Genehmigungsverfahren oder Sicherheitsvorkehrungen von der Dimension her ähnlich, die Energieausbeute aber deutlich geringer ist.

Die betreffenden Kraftwerke müssten in großer Zahl produziert werden, um auf vergleichbare Energiemengen zu kommen, heißt es in der Studie. Viele Reaktoren in die Nähe von Städten und damit Menschen zu postieren, wird aber als großes Sicherheitsrisiko gewertet - auch weil Angriffe von außen schwerer zu verhindern sein würden, wie man warnt.

Auch die veranschlagten Zeitpläne geben wenig Anlass für Zuversicht. Entwicklungsprozess, Genehmigungs- und Bauphase seien insgesamt mit mindestens 20 Jahren zu veranschlagen. 

Atomenergie eine "sauteure, hochgefährliche Retrolösung"

Czernohorszky kritisierte, dass mit der EU-Taxonomie Gelder in Richtung Atomkraft gelenkt werden, die sonst erneuerbaren Energien zur Verfügung stünden. "Wir brauchen aber alle verfügbaren Mittel für Erneuerbare und kein Greenwashing von Retro-Technologien!“

Derzeit liege der finanzielle Gesamtaufwand für Atomenergie etwa beim dreifachen von Photovoltaik und Windkraft. Umso wichtiger sei es, dass "die Mittel daher sinnvoll anders für wirklich klimaschutzrelevante Technologien verwendet werden", betonte Czernohorszky.

Atomenergie ist auch nicht emissionsfrei. Der Ausstoß von Treibhausgasen würde jenen der erneuerbaren Energieträger sogar übersteigen. Atomkraftwerke seien in jedem Fall eine "sauteure, hochgefährliche Retrolösung". Man zahle für diese einen viel zu hohen Preis.

Atomenergie in die Taxonomieverordnung - die festlegt, welche Geldanlagen als klimafreundlich gelten sollen - aufzunehmen, sei "ein Kniefall vor der Atomlobby". Gelder würden damit in Richtung Atomkraft gelenkt. Die Studie zeige, dass kleinere Reaktoren hier keine Lösung darstellen würden. Eine Klage der Republik gegen die EU-Pläne werde von Wien unterstützt.