Politik
Strolz: "Wir dürfen die Leute nicht bescheißen"
Matthias Strolz will seine und die Botschaften der Neos im Wahlkampf besser an die Menschen bringen. Witzigster Sager: "Pilz war ja Kommunist."
Vor vier Jahren waren Neos die Überraschung des Wahlkampfs: Ihnen gelang auf Anhieb der Sprung ins Parlament. Ihr Verbleib dort ist am 15. Oktober 2017 nicht sicher, aber doch wahrscheinlich - vor allem, nachdem man Irmgard Griss für eine Allianz gewinnen konnte.
Dass Sebastian Kurz die ÖVP verjüngt und auf neu trimmt, setzt den Pinken zu. Auch wenn Parteichef Matthias Strolz das so nicht stehen lassen will.
"Wo es hart auf hart geht, ist es keine neue ÖVP"
"Ich führe mit allen Parteichefs Gespräche, das gehört zu meinem Job. Ich will stets ausloten, ob wir inhaltlich bei Sachthemen zusammen kommen, ob die Parteien alte Strukturen hinter sich lassen können. Doch Kurz hat sich für einen anderen Weg als etwa Macron in Frankreich entschieden. Dort wo es hart auf hart geht, ist es nämlich keine neue ÖVP", sagt der Chef der Neos, der "eine Bewegung und keine Partei" führt.
In seinen Botschaften oft schwammig und wenig aussagekräftig ("oft hätte ich gerne, dass die inhaltlichen Botschaften stärker im Vordergrund stehen"), wurde das Puls4-Sommergespräch immer dann spannend, wenn es um konkrete Personen ging.
Über Peter Pilz sagte Strolz etwa: "Das geht sich mit ihm bei uns nicht aus. Da trennt uns einiges. Er ist ja im Grunde ein Kommunist. Ich schätze ihn aber für seine Aufklärungsarbeit."
Irmgard Griss "kam zu uns in die Mitgliederversammlung und bekam über 98 Prozent Zustimmung. Demokratischer kann man es nicht machen, alles super sauber. Menschen mit gleichen Werten und Vorstellungen sollen zusammen kommen."
Gewitzelt wird über Strolz immer dann, wenn er seine sprachliche Vielfalt auspackt. Seine vielfach vewendeten Metaphern (siehe Video!) haben ihm politisch oft Spott eingebracht.
Und das hat Matthias Strolz auch noch gesagt:
Pro-Europa-Position
"Meine Kinder sollen in knapp 40 Jahren einen EU-Pass in Händen halten und trotzdem stolze Österreicher von ihrer Identität her bleiben. Vieles kann man in Regionen besser organisieren. Tirol, Südtirol und Trentino gehören wirtschaftlich wie kulturell zusammen und könnten eine Region über Nationalstaaten hinweg sein."
Asyl
"Mein Vorschlag ist, ein Territorium in Afrika anzumieten und als EU dort für Schutz und Ordnung sorgen. Dort können Asylanträge gestellt werden. Dazu viele weitere flankierte Maßnahmen. Ich nenne es Marshall-Plan für Afrika. Dort sollen Menschenrechte geachtet werden und EU-Recht gelten."
"Wir müssen die Dinge parallel angehen und ins tun kommen. Wir brauchen ein einheitliches Asylrecht für ganz Europa. Das muss beschleunigt werden."
Resettlement-Programme
"Da sind wir Neos dafür. Wir müssen echte Flüchtlinge von Wirtschaftsmigranten trennen. Nicht jeder kann kommen. Wir brauchen die Blue Card als Gegenstück zur US-Greencard."
Integration
"Sebastian Kurz weiß, dass er die islamischen Kindergärten in Wien nicht so einfach schließen kann. Wir wollten einen gemeinsamen Qualitätskatalog im Parlament für Kindergärten entwickeln. Ausgerechnet die ÖVP war dagegen. Das ist nicht redlich."
Wirtschaft ... Wasser ... wie liberal?
"Einige Gemeinden in NÖ haben etwa ihre Wasserrechte an die EVN abgetreten, ein börsennotiertes Unternehmen. Das ist für uns okay. Was nicht okay ist, ist etwa eine kommunale Gebührenwelle für die Bürger in Wien. Ein Gemeinderat hat die Pflicht, die Leute nicht zu bescheißen. Vor allem bei den Basics wie Wasser, Müll und Strom."
Wohnen
"Wir wollen leistbares Wohnen, in bestehende Verträge aber nur eingreifen, wenn es um Büros der öffentlichen Hand geht. Die Chancen für die Menschen müssen wachsen. Ich will künftige Mietverträge auch kürzer als drei Jahre befristen können, damit Leerstand vermieden wird."
Mindestlohn
"Wir sind nicht gegen den Mindestlohn eingetreten, wollen es aber lieber über den Kollektivvertrag lösen. Ich halte die 1.500 Euro brutto für in Ordnung. Es soll nur nicht über das Gesetz geregelt werden."
Neos eine Stadtpartei ... am Land ohne Chance ...
"Es ist am Land nicht schief gegangen bislang. Die Grünen brauchten oft vier Antritte, um in einen Landtag zu kommen. Wir sind schnell wachsend. Wir sind aber kein Unkraut. Manchmal wirft es uns zurück. Doch die Richtung stimmt, Schritt für Schritt."
Sonntagsöffnung
"Nicht alle wollen am Wochenende arbeiten. Das ist uns bewusst. Umgekehrt gibt es aber viele Leute, die bei besserer Bezahlung freiwillig am Wochenende arbeiten würden. Die Nachfrage gibt es. Ich finde es falsch, allzu viel zu reglementieren."
Mindestsicherung
"Das Arbeitslosengeld sollte sinken, je länger man es braucht. Dafür aber auf zwei Jahre verlängern. Das ergibt einen Anreiz, schneller auf den Arbeitsmarkt zurück zu kehren. Danach würden wir in die Mindestsicherung statt Notstandshilfe übergehen. Die Mindestsicherung ist das letzte Netz. Hier soll niemand durchfallen, es soll aber auch nicht ausgenützt werden. Das macht unseren Sozialstaat unglaubwürdig."
Erbschaftssteuer
"Solange in Österreich eine der höchsten Steuerabgabenquote herrscht, die Menschen geschröpft werden, bin ich gegen zusätzliche Steuern. Immobilienertragssteuer, Kapitalertragssteuer und Grunderwerbssteuer sind völlig ausreichend."
Fastenwoche
"Ich schalte das Handy aus und freue mich meine Ruhe zu haben. Das ist für mich ganz wichtig. Das tut meinem Seelenfrieden sehr gut. Trotz Politik und Familie darf jeder auch seine persönliche Auszeit nehmen. Jeder muss seine Instrumente finden, wie er der reizüberflutenden Welt hin und wieder entkommen kann."
"Ich bin ein Bergbauern-Bub, habe ein Urvertrauen in diese Welt. Ab und zu ist das dann verschüttet und ich muss es wegschaufeln. Das gelingt mir über Fasten, Bergtouren und Meditation. Da schöpfe ich Kraft, das hat etwas spirituelles. Jeder von uns hat seine Methoden. Und es gibt etwas Größeres als uns Menschen."
Wahlkampf mit seiner Frau
"Sie ist nicht so gerne in der Öffentlichkeit. Meine Kinder lasse ich ganz draußen. Niemand kennt mein Wohnzimmer und das soll so bleiben. Meine Frau hat sich aber beruflich neu orientiert und ein Atelier aufgebaut. Dafür braucht es Öffentlichkeit. Vielleicht wird sie im Wahlkampf das eine oder andere Mal mit mir auftreten." (Red)