Wintersport
Strobl: "Ich krieg heute noch die Ganslhaut"
Jubiläum in Kitzbühel! Die Rekordfahrt von Fritz Strobl jährt sich heuer zum 25. Mal. Der Kärntner erinnert sich im "Heute"-Gespräch.
Am 25. Jänner 1997 kam die Ski-Welt aus dem Staunen nicht heraus. Fritz Strobl bretterte die Streif mit Startnummer zehn in 1:51,58 Minuten hinunter – Streckenrekord! Nie mehr kam ein Abfahrer an die Fabelzeit heran. Heuer jährt sich der Husarenritt zum 25. Mal. Im "Heute"-Talk erinnert sich Strobl.
"Fuhr mit einem Lachen los"
"Die Piste war perfekt durchgefroren, beim Rennen hatte es aber fünf Plusgrade. Der Kunstschnee war in seinen Anfängen, es hatte frühjahrsähnliche Verhältnisse. Und das Material noch nicht so aggressiv. Bei gewissen Passagen hat man dann später den Radius größer gemacht, weil es zu schnell wurde. Am Oberhausberg hat man zum Beispiel statt einem Einzeltor ein Doppeltor gemacht. Es war gewaltig zu fahren, ich krieg heute noch die Ganslhaut. Ich stieß mich mit einem Lachen aus dem Starthaus, konnte nicht mit dem verbissenen Ausdruck von Hermann Maier wegfahren. Für mich war wichtig, die Passagen mit Freude zu meistern – obwohl sie gefährlich sind. Das war ziemlich gefinkelt", grinst der 49-Jährige.
Obwohl Strobl die Bestzeit auf der Original-Streif hält, gilt die Siegesfahrt von Stephan Eberharter aus dem Jahr 2004 als perfekter Kitz-Lauf. "Das stört mich nicht, denn es ist Auslegungssache. Wir sind Freunde, sind erst vor wenigen Tagen wieder gemeinsam runtergefahren, blödeln selbst über dieses Thema", grinst Strobl.
Fritz "The Cat", so der Spitzname der ÖSV-Legende, wiederholte im Jahr 2000 seinen Kitz-Triumph. "Als Abfahrer ist es natürlich ein Traum, denn Kitzbühel ist für uns wirklich etwas Besonderes. Jeder, der hier mal aus dem Starthaus rausgeschossen ist, weiß, was das für eine Überwindung ist, was das für eine Adrenalinausschüttung ist. Das alles zu überstehen und dann auch noch der Beste zu sein, das ist das, was einen Abfahrer ausmacht. Kitzbühel nimmt man nicht einfach so mit – es ist der Gradmesser der Saison. Für 99 Prozent der Abfahrer ist es das, wofür man trainiert."
Strobl weiß noch genau, wie sich ein Kitz-Tag als Athlet anfühlt. Der Kärntner holt aus: "In der Früh ist man relaxed, dann schaut man mal aus dem Fenster, sieht die Hubschrauber, die Fernsehteams. Das ist hier extremer als überall anders. Dann kommst du zum Start, die Nervosität steigt. Man schaut, ob die Ski gehen, ob die Bindung passt, ob man fit ist, checkt das Wetter. Die Anspannung steigt weiter. Dann geht das Rennen los. Ab diesem kommt es darauf an, wie das Rennen verläuft. Wenn jeder normal runterfährt, bleibst du in deinem Vorbereitungs-Rhythmus. Passiert aber etwas - fliegt zum Beispiel der Hubschrauber, weil es jemanden geschmissen hat - musst du warten. Dann steigt die Anspannung nochmal mehr", erinnert sich Strobl.
"Beim Start ist es dann makaber: Man darf keine Angst haben, braucht aber Respekt. Ich musste immer lachen, wenn ich aus dem Starthaus gefahren bin. Ich konnte nicht mit dem Hermann-Maier-Ausdruck wegfahren. Ich habe das innere Lächeln gebraucht. Ich wusste, wenn ich mich im Griff habe, dann passt es. Kitzbühel ist eine schwierige Abfahrt. Auf schwierigen Abfahrten habe ich mir immer leichter getan - da war die Konkurrenz nicht so groß. Im Moment, wo du die Stecken über das Startstangerl raustust, ist die Nervosität weg. Dann da gab es kein zurück. Dann denkst du nur an den Ablauf: locker bleiben, Oberkörper nach vorne, konzentriert über die Wellen. Man hat das alles im Kopf, versucht es umzusetzen. Das Wichtigste war für mich immer, die Passagen mit Spaß zu fahren. Das ist mir 1997 perfekt gelungen, da krieg ich jetzt noch die Ganslhaut. Du schwingst unten ab und die Leute freuen sich. Das ist dann schon speziell."
Corona war zu seiner aktiven Zeit freilich noch weit weg. "Aber auch bei uns hat man vor Großereignissen geschaut, dass man angeschlagene Leute meidet, man keinen Schnupfen oder Grippeviren aufreißt. Die Gesundheit ist das Grundkapital. Leichtsinnig darf man nicht sein. Wenn du deine Regeln eingehalten hast und es erwischt dich trotzdem, dann kannst du dir zumindest nichts vorwerfen."
Wegen der Pandemie ist die Gamsstadt heuer partyfreie Zone. "Wenn jemand sagt, das ist ihm egal, dann lügt er, denn das Feiern gehört hier dazu. Aber die Situation ist eben so. Die Alternative wäre, gar kein Rennen zu haben. Besser also, wir machen es so."
Besonders ist das Kitz-Spektakel heuer aus einem weiteren Grund: Es ist für Speed-Asse die letzte Chance, sich für Olympia zu qualifizieren. Besteht die Gefahr, dass Wackelkandidaten zu viel riskieren? "Das glaube ich nicht. Wenn man keinen Respekt hat, fährt man sowieso nicht lange. Mit der Brechstange geht es nicht, zumindest in Kitzbühel. Jeder ist geübt, gesund den Winter zu überstehen."
Bleibt die Frage: Wer gewinnt die Doppel-Abfahrt 2022? "Dominik Paris darfst du hier nie unterschätzen. Auch "Mothl" Mayer ist ein Tipp."