Nach Terror-Vereitelung

Strafrechtsexpertin für Überwachung von WhatsApp

Ingeborg Zerbes trat Freitagnacht im ORF für eine gesetzliche Regelung zur Überwachung von Messenger-Diensten ein  – in einem ganz engen Rahmen.

Newsdesk Heute
Strafrechtsexpertin für Überwachung von WhatsApp
Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes am 9. August 2024 in der ZIB2 mit Margit Laufer.
Screenshot ORF

Kurz vor dem geplanten Anschlag konnten die österreichischen Sicherheitsbehörden einen jungen IS-Fanatiker und seine mutmaßlichen Komplizen festnehmen. Ihr Ziel: Ein Blutbad unter den Zehntausenden Taylor Swift-Fans anzurichten, die ab Donnerstag im Ernst-Happel-Stadion ihr Idol abfeiern wollten.

Alle drei Konzerte wurden in Folge abgesagt, ein bitterer "Teilerfolg für den Terrorismus", sagt nun etwa Geheimdienst-Experte Paul Schliefsteiner in einem Gespräch mit der "Kleinen Zeitung". Es zeige auch, wie verunsichert die Gesellschaft angesichts der plötzlich real gewordenen Terrorgefahr bereits sei.

Kanzler Karl Nehammer (VP) versuchte Donnerstagnacht zu beruhigen: "Österreich ist ein sicheres Land". Allerdings wurden die österreichischen Geheimdienste erst nach einem Tipp aus dem Ausland aktiv. Die USA hatten sich an das Heeresnachrichtenamt (HNA) gewandt, welches nach Prüfung die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) informierte.

Verhinderung schwerster Straftaten

Die ÖVP fordert im Lichte der Ereignisse nun eine Ausweitung der Überwachungsbefugnisse des Staatsschutzes und der Polizei. Die Behörden sollen auch verschlüsselte Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Telegram "bei entsprechender Verdachtslage" bekommen – dabei will man sich Sicherheitslücken im Programm bedienen, vulgo ist diese Vorgangsweise auch als "Bundestrojaner" bekannt. Die Grünen sperren sich da bisher, auch Datenschützer fürchten, dass damit die Büchse der Pandora geöffnet werden könnten.

Ganz anders sieht das die Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes Freitagnacht in der ZIB2. Laut ihr sei der Entwurf der Volkspartei auf eine Verhinderung schwerster Straftaten zugespitzt, das sei auch sinnvoll.

Inwieweit die Behörden am Abgreifen anderer auf dem Smartphone gespeicherter Daten gehindert werden würden, sei "eine Frage der gesetzlichen Regelung", sagt die Vorsitzende der Geheimdienstkontrollkommission.

Das Interview mit Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes am 9. August 2024 führte ORF-Moderatorin Margit Laufer.
Das Interview mit Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes am 9. August 2024 führte ORF-Moderatorin Margit Laufer.
Screenshot ORF

Schutzvorkehrungen gelte es sowieso immer wieder nachzuschärfen. Beispielhaft habe der Fall Egisto Ott habe eine Lücke aufgezeigt, die es zu schließen galt.

Jedenfalls begebe sich Österreich in eine dauerhafte Abhängigkeit von fremdstaatlichen Nachrichtendiensten, wenn die eigenen Behörden keine Möglichkeiten zur Überwachung der Messenger bekommen: "Über 80 Prozent unserer Kommunikation findet über diese Messenger-Dienste statt, auch von gefährlichen Menschen".

Die Kritik, dass die heimischen Staatsschützer dann von einer Datenflut erschlagen würden und nicht genug Personal zur Auswertung hätten, kann sie nicht nachvollziehen. Sie sei sich "nicht einmal sicher, ob Datenberge entstehen", wenn man mit einer Schwerpunktsetzung auf Terrorismusgefahr nur einzelne Personen überwache. Das wäre auch für die österreichischen Ermittler stemmbar.

Keinen Bedarf für neuen Straftatbestand

Eine Verschärfung des Strafgesetzbuches oder neue Paragraphen brauche es hingegen nicht. Es gebe bereits genügend gesetzliche Regelungen, die die Verfolgung und Bestrafung von mutmaßlichen Terroristen ermöglichen. "Ich sehe überhaupt keinen Bedarf, einen weiteren Straftatbestand zu schaffen."

Mit Blick auf das Ansehen der heimischen Dienste im Ausland spricht sie von einer Entspannung der internationalen Isolation. Das zeigt auch die Zusammenarbeit und der Fluss der Informationen zur DSN. Diese stehe im Vergleich zum vom damaligen FPÖ-Innenminister Herbert Kickl zerschlagenen BVT wieder "saniert" da.

Auf den Punkt gebracht

  • Die österreichischen Sicherheitsbehörden konnten einen geplanten Anschlag auf Taylor Swift-Fans vereiteln, was zu einer Absage ihrer Konzerte führte
  • Die Festnahme erfolgte nach einem Tipp aus den USA, was zu Diskussionen über die Ausweitung der Überwachungsbefugnisse des Staatsschutzes und der Polizei führte
  • Die Strafrechtsexpertin Ingeborg Zerbes unterstützt die Maßnahmen zur Verhinderung schwerster Straftaten, betont jedoch, dass bereits ausreichende gesetzliche Regelungen für die Verfolgung und Bestrafung von mutmaßlichen Terroristen existieren
red
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