Fussball
Stimmung kippt! Ultras stellen Rapid-Bosse zur Rede
Rapid blamiert sich im Europacup, die Fans verlieren die Nerven. Die Stimmung kippt, richtet sich erstmals auch direkt gegen die Klubführung.
Grün-Weiße Krisentage!
Rapid verliert 0:1 gegen Vaduz, einen Schweizer Zweitligisten, scheidet aus der Conference League aus und fällt um drei Millionen Euro Startgeld um. Die Blamage vor 15.100 Fans bleibt nicht ohne Folgen.
Nach dem Schlusspfiff kochen in Hütteldorf die Emotionen über. Teile des harten Fankerns aus dem Block West klettern über die Zäune, klettern auf die Nordtribüne. Fans versuchen in den VIP-Sektor vorzudringen. Sie wollen nicht nur die Spieler zur Rede stellen.
Was ins Auge sticht: Ultras wollen offenbar bis zur Klub-Spitze vordringen. Oben im Bild ist zu sehen, wie ein Fan und Präsidiumsmitglied Stefan Singer hitzig diskutieren. Das ist neu: Die organisierte Fan-Szene und die oberste Etage des Klubs agierten bisher auf einer Wellenlänge. Schließlich galt Rapid-Boss Martin Bruckner mit seinem Team bei der letzten Wahl als Kandidat der Ultras, setzte sich auch durch deren Unterstützung gegen Roland Schmid durch.
Krise zwischen Klub und Ultras?
Im Gegenzug durften die Ultras bei Eklats auf die Rückendeckung der Klubführung bauen. Schon unter Bruckner-Vorgänger Michael Krammer: Als Salzburgs Maxi Wöber, Ex-Rapidler, von den Ultras wüst beschimpft wurde, entschuldigten sich Fans aus einer VIP-Loge stellvertretend für den Klub: "So ist Rapid nicht. Sorry Familie Wöber." Ultras drangen in die Loge vor, entfernten das Banner.
Auch in der Ära Bruckner sorgten Fans für Ärger, obwohl sie Pandemie-bedingt lange ausgesperrt waren. Sie verursachten etwa mit einem sexistischen Spruchband für den Absprung mehrerer Sponsoren ("A Stadion mit leeren Plätzen is wie a schiache Oide Wetzen"). Geschäftsführer Christoph Peschek damals auf die Frage, wie es so ein Plakat in das Stadion schaffen konnte: "Demokratie und Meinungsfreiheit endet nicht an den Stadiontoren, daher ist es grundsätzlich so, dass Transparente, so sie nicht strafrechtlich relevant sind, zugelassen werden." Das Banner durfte lange hängen, bis es nach heftigen Protesten in den sozialen Medien vor Spielbeginn noch abmontiert wurde.
Die sportliche Bankrotterklärung gegen Vaduz bringt nun erste, vielleicht schon tiefe, Risse zwischen Ultras und Klubführung zum Vorschein. 14 Jahre ohne Titel haben im Klub ohnehin Spuren hinterlassen. Schmid, der bei der Wahl 2019 als Kandidat des sportlichen Kurswechsels antrat, scheiterte nur knapp gegen Bruckner. Die Wahl spaltete den Verein. Auch ehemalige Rapid-Größen äußerten sich wie zahlreiche andere Vereinsmitglieder in den vergangenen Jahren immer wieder kritisch über den eingeschlagenen Weg. Neu ist: Nun drohen Bruckner und Co. womöglich auch den Rückhalt der Ultras zu verlieren.
Sportliche Talfahrt
Im Vorjahr verspielten die Hütteldorfer Platz drei in der Meisterrunde, retteten sich als Fünfter mit dem Sieg gegen die WSG Tirol im Play-off noch in den Europacup. Dort war nun gegen Vaduz Endstation. In der ersten Cuprunde kam Rapid erst durch ein Tor in der 94. Minute gegen Viertligist Treibach mit 1:0 weiter. Auch in der Bundesliga übt sich der heimische Rekordmeister in Minimalismus, hält nach vier Spielen bei vier erzielten Toren (und sieben Punkten).
Für Trainer Ferdinand Feldhofer wird es eng. Er erntete von den Fans gellende Pfiffe und erste "Ferdl raus"-Rufe. Hauptkritikpunkte: Elf verschiedene Startaufstellungen in elf Pflichtspielen, keine erkennbaren Abläufe, offensive Ideenlosigkeit vor allem gegen kleinere Teams. Abwehr-Neuzugang Michael Sollbauer äußerte am Montag bei "Sky" erste Kritik. Daraufhin fehlte er am Donnerstag sogleich im Kader. Ohne Europacup wird es nun noch schwerer, den üppigen Kader bei Laune zu halten.
Die Trainerfrage und die Suche nach der stärksten Stammelf scheinen aber nicht die wichtigsten Brennpunkte im Westen Wiens zu sein. Rund um das Allianz Stadion brodelt es. Im November wird das neue Präsidium gewählt. Mit dem Team Bruckner steht nur ein Kandidat zur Wahl …