Es war der erste große Schritt in der Aufarbeitung einer folgenschweren Affäre: Der Ex-Brucknerhaus-Chef Kerschbaum erschien persönlich mit seinem Anwalt Bernhard Steinbüchler zum Prozessauftakt gegen die Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA). Bereits eine halbe Stunde vor Beginn drängten sich die Medienvertreter am Landesgericht.
Obwohl er nicht verpflichtet war zu kommen, ließ es sich der 54-Jährige nicht nehmen, seine Sicht der Dinge darzustellen. Schließlich geht es um knapp drei Millionen Euro Schadensersatz, die er wegen der – seiner Meinung nach – ungerechtfertigten Entlassung fordert. Als Kerschbaum schließlich am Eingang auftauchte, musste er wie alle anderen in der Kälte wegen der Sicherheitskontrolle ausharren.
Kurz nach 9 Uhr betrat er dann den Saal 403. Doch kaum hatte man sich gesetzt, war der Spuk auch schon wieder vorbei: In weniger als fünf Minuten war alles geklärt. Anwalt Steinbüchler hat jetzt sechs Wochen Zeit, um einen Schriftsatz gegen den Abweisungsantrag der LIVA einzureichen.
Die Gegenseite bleibt jedoch hart: Unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst, Untreue im Zusammenhang mit dem Popmusikfestival "Lido Sounds" und "problematisches Führungsverhalten" werden Kerschbaum unter anderem vorgeworfen. Die LIVA ist überzeugt, dass die Entlassung gerechtfertigt war. Bemühen um eine außergerichtliche Einigung habe es laut Kerschbaums Anwalt seitens der Stadt Linz oder der Gesellschaft nicht gegeben.
Vor dem Saal stellten sich Kerschbaum und sein Anwalt den Fragen der Journalisten. Zunächst übernahm Steinbüchler das Wort. Einerseits fordere sein Mandant seine vertragsmäßigen Ansprüche bis 30. Juni 2027 – bis dahin wäre er als künstlerischer Leiter angestellt gewesen.
Außerdem solle das Gericht festlegen, dass die LIVA für alle Schäden aufkommen muss, "die dadurch entstehen, dass er keinen adäquaten Job mehr bekommt". Die Forderungen des Südburgenländers sind beträchtlich.
„Jetzt lässt man ihn am politischen Parkett ausrutschen. Das will er entschädigt haben.“Bernhard SteinbüchlerRechtsanwalt von Dietmar Kerschbaum
Kerschbaum habe über zehn Millionen Euro Sponsorengelder beigebracht, sei davor ein international gefragter Opernsänger gewesen. Diese Jobs habe er laut seinem Anwalt aufgegeben, "um das Linzer Brucknerhaus wieder in die Höhe zu bringen. Und jetzt lässt man ihn am politischen Parkett ausrutschen. Das will er entschädigt haben", so Steinbüchler.
Im Anschluss stellte sich Kerschbaum der versammelten Presse:
"Sie sehen, ich bin noch ein bisschen emotional", begann er, den Tränen nahe. Er wolle die Vorwürfe der Stadt Linz entkräften, "weil es einfach nicht stimmt". Er vertraue auf die Justiz, sei froh über das bevorstehende Verfahren. "Irgendwann wird die Wahrheit ans Licht kommen." Neben dem finanziellen Schadensersatz pocht Kerschbaum außerdem auf eine Entschuldigung von den Verantwortlichen der LIVA.
Im März tauchten die ersten Vorwürfe auf: Die Bestellung von Dietmar Kerschbaum als Brucknerhaus-Chef war geschoben worden. Damals, 2017, habe er die Fragen der Hearing-Kommission bereits vorab erhalten. Ende August platzte dann die Bombe: Der rote Stadtchef Klaus Luger gab zu, selbst eine Hauptrolle in der Affäre zu spielen. Er hatte Kerschbaum vorab die Fragen zugespielt.
Seine Rolle im Kultur-Skandal wurde dem Altbürgermeister zum Verhängnis. Ende August zog er die Reißleine und trat zurück. Im kommenden Verfahren könnte auch Luger, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, als Zeuge geladen werden. Und auch sein Parteigenosse und Nachfolger Dietmar Prammer muss sich jetzt mit der Aufarbeitung herumschlagen.