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"Staat ist schwach" - Polizei-Ärger nach Krawallnacht
Mit der massiven Gewalt hat die Polizei nicht gerechnet: 26 Beamte werden bei den Ausschreitungen in Stuttgart verletzt, manche davon schwer.
Die Polizei ist aus eigener Sicht bei den Ausschreitungen in Stuttgart zwischen die Fronten von Anhängern und Gegnern des eritreischen Regimes geraten. "Wir waren heute der Prellbock für einen eritreischen Konflikt, der auf Stuttgarter Straßen mit massiver Gewalt ausgetragen wurde", teilte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler in der Nacht zum Sonntag mit Blick auf die Ausschreitungen vom Samstag mit.
26 Polizeibeamte seien verletzt worden, zudem vier Teilnehmer der regimenahen Eritrea-Veranstaltung und zwei Oppositionelle. Sechs Beamte wurden im Spital behandelt. Fünf Polizisten konnten ihren Dienst den Angaben zufolge nicht weiter ausführen. 300 Beamte seien insgesamt am Samstag im Einsatz gewesen.
Eritreer reisen aus der Schweiz an
Am Rande einer Eritreer-Veranstaltung war es zu den heftigen Ausschreitungen gekommen. Auslöser war eine Versammlung von Eritrea-Vereinen mit rund 80 bis 90 Teilnehmern, die laut Polizei dem diktatorischen Regime in Afrika nahestehen. Mehrere Hundert Veranstaltungsgegner hatten sich zum Protest in der Stadt versammelt. Ihnen sei ein Versammlungsort zugewiesen worden, der jedoch abgelehnt worden sei, so die Polizei. Anschließend kam es am Römerkastell beim Veranstaltungsort zu massivem Krawall. Gegner der Veranstaltung hätten Teilnehmer und Polizeibeamte mit teils mit Nägeln bestückten Holzlatten, Metallstangen, Flaschen und Steinen angegriffen.
Der Einsatz verdeutlicht aus Sicht der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) die personellen Probleme der Polizei. "Gut, dass wir dort Hilfe aus anderen Polizeipräsidien und der Bundespolizei bekommen haben", teilte Landeschef Ralf Kusterer am Sonntag mit. Aber das dauere oft sehr lange. Er kritisierte, der Staat sei schwach. "Das müssen wir ändern. Auch weil ein demokratischer Staat durch diesen schwachen Staat gefährdet ist." Der öffentliche Dienst und die Polizei müssten endlich gestärkt werden. Die Stuttgarter Beamten hatten massiv Kräfte aus der Umgebung hinzubeordert.
"Wir machen uns hier zum Affen"
Kusterer kritisierte, dass die unangemeldete Gegendemonstration zu dem Eritrea-Treffen eine Demonstrationsfläche zugewiesen bekommen habe, sich aber nicht daran gehalten habe. "Wir machen uns hier zum Affen. Dabei müssten wir unser Demonstrations- und Versammlungsrecht schützen und stärken. Dazu müssen wir konsequent durchgreifen. Wer sich nicht daran hält, verwirkt sein Recht darauf."
Die Stadt Stuttgart will zeitnah mit den betroffenen Gruppen Kontakt aufnehmen. "Wir werden nächste Woche sofort mit den in Stuttgart ansässigen Vereinen das Gespräch suchen", teilte der städtische Integrationsbeauftragte Gari Pavkovic am Samstagabend mit. "Unsere Linie in den regelmäßigen Gesprächen mit den verschiedenen Migrantenorganisationen ist, dass wir in Stuttgart keine Auseinandersetzungen und Ausschreitungen zu den Konflikten in den Herkunftsländern dulden."
Nach Ansicht der Stadt gab es keine Gründe für ein Verbot der Eritrea-Veranstaltung. "Versammlungen im geschlossenen Raum sind nicht anmeldepflichtig", teilte die Landeshauptstadt mit. "Es lagen keine Gründe für ein Verbot der heutigen Eritrea-Veranstaltung vor." Die Stadt Stuttgart werde aber Konsequenzen aus den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft ziehen.