Wien
SPÖ plant neuen Stadtteil, ÖVP gegen "zweite Seestadt"
Das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl soll "Vorreiter-Stadtteil" werden, der Bau beginnt 2023. Kritik am Vorhaben kommt von der Wiener Volkspartei.
Der Planungs- und Beteiligungsprozess für das Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl startet. Im Süden Wiens soll ein Vorreiter-Stadtteil entstehen, mit zahlreichen Grün- und Freiräumen, Stadtlandwirtschaft und Wohnraum für 21.000 Menschen. Erste Informations- und Dialogveranstaltungen finden am 10. und 11. März als Rothneusiedl Open-Air statt.
"Klima-Pionierquartier" in Rothneusiedl
Das Gebiet ist 124 Hektar groß, auf etwa einem Drittel davon ist Grün- und Freifläche geplant, die restlichen zwei Drittel sollen aus gefördertem Wohnbau bestehen. Eine bis zu 100 Meter breite Grünbrücke zieht sich durch das Gebiet vom Liesingbach bis zu den Feldern jenseits der S1-Schnellstraße. Im gesamten Südraum Favoritens bleiben 90 Prozent der aktuell bestehenden Grünflächen dauerhaft gesichert.
Die U1 soll bis Rothneusiedl verlängert werden. Bereits bei der Errichtung der U1 nach Oberlaa 2017 wurde bei der Stadtion Alaudagasse die notwendige Infrastruktur für die Abzweigung nach Rothneusiedl errichtet. Auf einer Länge von rund 2,5 Kilometern soll es zwei neue Stationen geben, innerhalb von 15 Minuten erreicht man so die Innenstadt.
"Zukunftsteam" als Schnittstelle zu Wienern
Rothneusiedl soll "Klima-Pionierquartier" werden. "Schon vor den konkreten Gestaltungsmaßnahmen wird begonnen werden, an den Grünflächen zu arbeiten und bereits vor der Bebauung Bäume zu pflanzen. Diese haben dann zum Zeitpunkt der Besiedelung bereits eine stattliche Größe", erklärt Bezirksvorsteher Marcus Franz (SPÖ). Das neue Stadtquartier ist klimaresilient, soll Extremwetterereignissen wie Starkregen, Hitze oder Trockenheit standhalten. Die Gründächer und eigens angelegte Senker sammeln Regenwasser, welches an heißen Tagen verdunstet und wie eine natürliche Klimaanlage wirkt.
In den nächsten Jahren soll ein städtebaulichen Leitbilds entwickelt werden, als Grundlage für Flächenwidmungs- und Bebauungsplan. Bei einem internationalen Wettbewerb wird ein Planer-Team zur Erstellung des Leitbilds gesucht. Die Anregungen von Bürgern sollen einfließen, Start für die Bürgerbeteiligung ist ein Open-Air am 10. und 11. März. Zusätzlich zu Veranstaltungen und Befragungen wird ein "Zukunftsteam Rothneusiedl" gegründet, bestehend aus 14 gelosten Bürgern und 7 Vertretern aus Wissenschaft, Landwirtschaft und Bürgerinitiativen. Es dient als Schnittstelle zwischen Wienern und Planern.
Wiener VP will "keine zweite Seestadt"
Von der Wiener Volkspartei kommt Kritik. Das Projekt sei mit den geplanten 21.000 Menschen fast so groß wie die Seestadt Aspern, die Volkspartei fürchtet ein städtebauliches Riesenprojekt. "Anstatt den geforderten Wohnraum auf bereits vorhandenen bebauten Flächen durch Nachverdichtung zu schaffen, versteift sich die Stadt Wien auf das Versiegeln von bestehenden Grünbereichen. Die Ankündigung von 4.000 neu gepflanzten Mini-Bäumen in einem 'Grünkorridor' zwischen Hochhäusern und Wohnsilos kann wohl nur als Verhöhnung der Bevölkerung gesehen werden", kritisiert Wohnbausprecher Peter Sittler.
Auch Bezirksparteiobmann Nico Marchetti ist gegen das Projekt: "Die Ankündigung eines 'Zukunftsteams Rothneusiedl' ist in Anbetracht der Erfahrungen mit Beteiligungsprozessen in Favoriten unglaubwürdig. Was hier bisher an Einbindung stattgefunden hat, war inakzeptabel und hat die Bevölkerung immer nur vor vollendete Tatsachen gestellt. Es zeigt sich wieder einmal, dass die SPÖ den Süden Wiens mit Oberlaa, Unterlaa und Rothneusiedl nicht versteht. Wir von der Volkspartei sind entschieden gegen eine zweite Seestadt in Favoriten."