Wien
Spitals-Ausschreibung ließ nur einen Hersteller zu
Bei Neuanschaffungen in den Spitälern der Stadt Wien waren Anforderungen derart präzise formuliert, dass de facto nur ein Anbieter in Frage kam.
Auf Ersuchen des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) prüfte der Wiener Stadtrechnungshof (StRH) nun die "Gebarungskontrolle betreffend die Beschaffung von medizinisch-technischen Großgeräten durch den Wiener Gesundheitsverbund im Zeitraum 2017 bis 1. Quartal 2021". Auslöser für die Prüfung war, dass das Verwaltungsgericht Wien im April 2021 eine Vergabe rechtskräftig aufgehoben hatte, da die Leistungsbeschreibung aus seiner Sicht zu sehr auf einen Anbieter – das deutsche Unternehmen Siemens, bei dem auch Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely als Managerin arbeitet – zugeschnitten war.
Vergabe nicht astrein, aber auch nicht rechtswidrig
Die Prüfung durch den Stadtrechnungshof bestätigt nun offenbar diesen Verdacht. Ein Problem sehen die Prüfer darin aber nicht: "Der StRH Wien wies darauf hin, dass die Beschaffung in 13 von 20 eingesehenen Fällen im Weg eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmen durchgeführt wurde. Da sich hier die Frage der Bevorzugung eines Unternehmens durch die Ausschreibungsbestimmungen mangels Wettbewerb nicht stellte, war die bieterneutrale Formulierung hier kein zentrales Erfordernis", heißt es in dem Prüfbericht. "Für die verlangten Spezifikationen lagen medizinisch-technische Begründungen für die sehr restriktiv und präzise formulierten Anforderungen (Mindestkriterien und Mindestanforderungen) an das jeweilige medizinisch-technische Großgerät vor", so die Prüfer weiter.
Der Stadtrechnungshof hält weiters fest, dass der Markt für medizinische Großgeräte in Europa klein ist. Weiters sei es aufgrund der Komplexität der Bedienung durchaus sinnvoll, bei einem bekannten Hersteller zu bleiben, da das Personal so nicht langwierig und kostenintensiv auf neue Arbeitsschritte eingeschult werden müsse.
Computertomographieanlage mit "Pflichtdurchmesser"
Hinsichtlich der Lieferung, Installation und Inbetriebnahme einer Computertomographieanlage (Schockraum) sowie die Einschulung war anzumerken, dass in der "medizinischen Begründung" erwähnt wurde, dass lediglich eine ausreichend dimensionierte Gantry-Öffnung mit mindestens 75 cm als notwendig erachtet wurde. Weshalb in der "technischen Begründung" das Alleinstellungsmerkmal von mindestens 78 cm hervorgehoben wurde, obwohl dies seitens der Medizintechnik nicht als Mindesterfordernis definiert wurde und somit im Widerspruch stand, erschloss sich dem StRH Wien nicht. Aus Sicht des StRH Wien lag hier ein Widerspruch zwischen der medizinischen und der technischen Begründung vor. Dieser Umstand war insofern von Bedeutung, als bei diesem Vergleich nur das Gerät der Firma A eine Gantry-Öffnung von
78 cm aufwies. Der StRH Wien empfahl daher, künftig darauf zu achten die Vorgaben für technische Spezifikationen intern abzustimmen (innerhalb der Nutzenden) und einheitliche Vorgaben für das Vergabeverfahren festzulegen.
Der Gesundheitsverbund antwortet auf diese Empfehlung: "Die Empfehlung ist umgesetzt, da in den Grundlagen der Vergaben auch die Abstimmung zwischen den medizinischen Anforderungen und technischen Anforderungen als Basis für die Spezifikationen für die Vergabe herangezogen werden (MT-Bewirtschaftungsblatt)."
Davon abgesehen beanstandeten die Prüfer, dass zumindest fünf Vergabeverfahren nicht im Einklang mit dem Bundesvergabegesetz stattgefunden hätten.
ÖVP ortet "massive Ungereimtheiten"
"Der nun veröffentlichte Prüfbericht des Stadtrechnungshofes hat massive Ungereimtheiten rund um die Beschaffung von medizinisch-technischen Großgeräten aufgedeckt. Dieser Prüfbericht bestätigt auch einmal mehr die seitens der Wiener Volkspartei seit jeher geäußerten Vorwürfe“, so Wiens ÖVP-Klubobmann Markus Wölbitsch.
"Es kann nicht sein, dass korrekte Vergaben im Wiener Gesundheitsbereich offensichtlich eher die Ausnahme bilden. Stadtrat Hacker muss hier umfassend Stellung beziehen, für Aufklärung sorgen und einen klaren Systemwechsel in die Wege leiten“, so ÖVP-Gesundheitssprecherin Gemeinderätin Ingrid Korosec.