Österreich

Spital gab Schwangeren viel zu viel Schmerzmittel

Heute Redaktion
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In der Rudolfstiftung bekamen 64 Schwangere viel zu hohe Schmerzmittel-Dosen verabreicht.
In der Rudolfstiftung bekamen 64 Schwangere viel zu hohe Schmerzmittel-Dosen verabreicht.
Bild: picturedesk.com/AP

Massive Fehler in der Wiener Rudolfstiftung: Über Monate wurde Schwangeren bei der Geburt eine zehnfach überdosierte Lösung eines Schmerzmittels gegeben. 64 Frauen sind betroffen.

Das schmerzstillende Mittel Fentanyl wird bei natürlichen Geburten eingesetzt, wenn die Schwangere eine PDA (Periduralanästhesie) wünscht. Vergangenes Jahr wurden jedoch 64 Patientinnen auf der Geburtenstation des Krankenhauses Rudolfsstiftung die zehnfache Dosis verabreicht.

Wie unter Drogen gesetzt

Welche Wirkung eine Überdosierung haben kann, schilderte eine Betroffene gegenüber dem Ö1-Journal, die von einem "High-Gefühl" sprach. Dies hätte vermutlich nicht derart gravierende Auswirkungen gehabt, wenn es sich bei der Patientin nicht um eine werdende Mutter gehandelt hätte. So sollen die Herztöne des Kindes schwächer geworden sein. Weil die Mutter stark beeinflusst war, konnte sie nicht aktiv bei der Geburt mitarbeiten. Sie vermutet, dass dies der Grund war, wieso schließlich ein Kaiserschnitt vorgenommen werden musste.

Ein Tippfehler, aber keine Schäden

Die Spitalsleitung dementiert den Fehler nicht, gesteht in einer Aussendung ein: "Ursache war ein Tippfehler, es wurde in der Rezeptur statt 2 Mikrogramm Fentanyl 20 Mikrogramm dokumentiert." Die hohe Schmerzmitteldosis wurde von einem Anästhesisten bei einer Routinekontrolle erkannt – er erkannte, dass eine Kommastelle falsch gesetzt worden war. Das Missverhältnis zwischen Fentanyl und der Lösung, die den Wirkstoff verdünnen sollte, führte zum kritisch überdosierten Schmerzmittel.

Die Periduralanästhesie; Abkürzung PDA; ist eine Form der Regionalanästhesie, genauer der rückenmarksnahen Regionalanästhesie. Sie bewirkt die zeitweilige, umkehrbare Funktionshemmung ausgewählter Nervensegmente, führt dabei zu Sympathikolyse, Empfindungslosigkeit, Schmerzfreiheit und Hemmung der aktiven Beweglichkeit im zugehörigen Körperabschnitt und ermöglicht neben schmerzfreien Geburten auch die Durchführung ansonsten schmerzhafter medizinischer Prozeduren.

"Das ist schon etwas Gravierendes - die zehnfache Konzentration. Und es wurde daraufhin eine externe Kommission beauftragt. Das Ergebnis war, dass kein medizinischer Schaden für die Mütter und Kinder entstanden ist", erklärte Wien Patientinanwältin Sigrid Pilz.

"Die Mütter und ihre Kinder konnten gesund aus der Krankenanstalt Rudolfstiftung entlassen werden. Ich bin froh, dass bei diesem Irrtum in der Dosierung niemand zu Schaden gekommen ist, gleichzeitig tut mir dieser Fehler sehr leid", so die Ärztliche Direktorin Karin Gutierrez-Lobos. „Die Hintergründe wurden genauestens überprüft und Maßnahmen entwickelt, damit es in Zukunft nicht mehr passieren soll."

Entschädigungszahlung möglich

Bei der betroffenen Mutter, die ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt brachte, bietet die Patientenanwaltschaft an, sie würde prüfen, ob dieser infolge der Überdosierung nötig war. Sollte die Vermutung der Mutter zutreffen, wären in diesem Fall Entschädigungszahlungen ein Thema.

Rudolfstiftung will aus Fehler lernen

Um zu verhindern, dass sich so ein Fall wiederholt, wurden sofort die standardisierten Abläufe überprüft, evaluiert und optimiert. Die diesbezüglichen Abläufe an der Krankenanstalt Rudolfstiftung wurden von der internen Revision sowie von Patientensicherheitsexperten überprüft. Als Ergebnis wurde ein verpflichtendes 4-Augen-Prinzip bei der Übertragung der Rezeptur in das Herstellungsprotokoll sowie eine unabhängige Berechnung der Rezeptur durch zwei Experten vorgeschrieben. Zusätzlich wurden alle Apotheken des KAV angewiesen, die entsprechenden Sicherheitsroutinen bei der Herstellung von Medikamenten zu überprüfen, heißt es vom Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) in einer Aussendung. (bai)