Welt
Sonnen-Eruptionen nehmen zu – Magnetsturm droht
Kürzlich führte eine Sonneneruption zum Ausfall verschiedener Funkverbindungen in den USA. Solche Ereignisse nehmen zu und bedrohen auch Österreich.
Am Montag wurde auf der Sonne eine heftige Eruption, ein sogenanntes Flare der Klasse X (siehe unten), registriert. Die dadurch verursachte Strahlung erreichte die Erde und führte auf der der Sonne zugewandten Seite zu Störungen im Funkverkehr und bei Navigationsgeräten. Betroffen waren Nordamerika und ein Teil des Pazifikraums. Das Zentrum für Weltraumwettervorhersage der amerikanischen Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde NOAA stufte die Beeinträchtigung auf einer Skala die von R1 (schwach) bis R5 (extrem) als R3 (stark) ein, was einer Beeinträchtigung von Funk- und Navigationssignalen für rund eine Stunde entspricht.
Kommt ein solches Flare häufig vor?
Das als X1.5 klassifizierte Flare war das zwanzigste X-Flare - die stärkste Kategorie von Sonneneruptionen - im aktuellen elfjährigen Sonnenzyklus. Bereits im Juni und Juli gab es jeweils ein X-Klasse-Flare. Expertinnen und Experten rechnen damit, dass solche Ereignisse in den kommenden Monaten zunehmen werden, bis der Zyklus der Sonnenaktivität seinen Höhepunkt erreicht. Der Höhepunkt tritt dann ein, wenn das Magnetfeld der Sonne am schwächsten ist. Wann es so weit ist, ist umstritten. Zunächst ging die Nasa von Juli 2025 aus, die starke Zunahme der Sonnenaktivität der letzten Monate deutet nun aber darauf hin, dass es bereits Ende Jahr soweit sein könnte.
Wie entstehen Sonneneruptionen?
Flares entstehen, wenn die Magnetfeldlinien der Sonne aufbrechen, was meist in Gebieten der Sonne passiert, in denen sich auch Sonnenflecken zeigen. Je näher die Sonnenaktivität an ihrem Höhepunkt ist, desto mehr Sonnenflecken gibt es. Zunächst entweichen hochenergetische Teilchen, vor allem Protonen, die die Erde nach etwa einer Stunde erreichen. Da ein Teil dieser Teilchen auf die Oberfläche der Sonne zurückgeschleudert wird, löst sich dort Röntgenstrahlung. Dieser Röntgenblitz verbreitet sich mit Lichtgeschwindigkeit und erreicht die Erde nach etwa acht Minuten, überholt also die Protonen. Er kann Funkverbindungen auf der Sonne zugewandten Seite der Erde stören. Die hochenergetischen Partikel können auch Satelliten in ihrer Funktionstüchtigkeit einschränken oder gar beschädigen. Auch für Astronautinnen und Astronauten, die sich außerhalb ihrer Raumschiffe aufhalten, stellen sie eine große Gefahr dar.
Besonders starke Sonneneruptionen können einen koronalen Massenauswurf zur Folge haben. Dabei löst sich eine Plasmawolke aus geladenen Teilchen, die, wenn sie auf die Erde zielt, diese in ein bis zwei Tagen erreicht. Treffen die Teilchen auf die Erdmagnetosphäre, drücken sie diese auf der Tag-Seite zusammen. Dabei werden grosse Mengen Energie freigesetzt, was zum Phänomen des Sonnen- oder Magnetsturms führt, wobei Polarlichter auch in niedrigeren Breiten zu sehen sind.
Welche Gefahren bringt ein Sonnensturm mit sich?
Neben den erwähnten Störungen bei Funkverbindungen und Navigationssignalen, die nach Sonneneruptionen auftreten können, kann die Verformung des Magnetfeldes in Überlandleitungen oder Pipelines starke Ströme induzieren. Das kann große Schäden anrichten, wie etwa die Zerstörung von Transformatorstationen, was Stromausfälle zur Folge hat. Betroffen sein kann die ganze Welt, unabhängig von der Stellung zur Sonne. Besonders gefährdet sind aber Gebiete nahe der Pole. So fiel im Herbst 2003 nach einer Reihe größerer Sonneneruptionen im schwedischen Malmö das gesamte regionale Stromnetz aus. Im Norden Kanadas mussten derweil Luftkorridore für Passagierflugzeuge geschlossen werden, weil technische Anlagen für die Luftüberwachung ausfielen.
Im März 1989 verursachte ein Sonnensturm in der kanadischen Provinz Québec eine Überlastung des Stromnetzes, wodurch in der Region um Montreal für neun Stunden der Strom ausfiel. Bei Aussentemperaturen von minus 15 Grad waren sechs Millionen Menschen betroffen. Verkehrsleitsysteme, Flughäfen und auch die Versorgung mit Fernwärme funktionierten nicht mehr. Der Schaden belief sich auf mehrere Hundert Millionen US-Dollar.
Im Mai 1967 fielen aufgrund eines Sonnensturms auf einen Schlag die amerikanische Frühwarn-Radaranlagen in Alaska, Grönland und Großbritannien aus, was die US-Streitkräfte an einen Angriff der Sowjets glauben ließ. Dass es nicht zu einem Atomkrieg kam, war dem US-Weltraumwetterdienst zu verdanken, der rechtzeitig den wahren Grund für die Ausfälle erkannte.
Was war der bisher größte wissenschaftlich beobachtete magnetische Sturm?
1859 kam es nach mehreren Sonneneruptionen zum sogenannten Carrington-Ereignis. Bis in Äquatornähe konnten Polarlichter beobachtet werden. In Telegrafenleitungen bauten sich so starke Ströme auf, dass aus den Apparaten Funken sprühten, die Brände auslösten. Heute würde ein vergleichbarer Sonnensturm, der statistisch nur alle 500 Jahre vorkommt, weltweit für gigantische Schäden sorgen. So warnte etwa die Weltraumforscherin Abdu Jyothi 2021 davor, dass ein starker Sonnensturm zu einem totalen und weltweiten Internet-Blackout führen könnte. Die Kosten eines vergleichbaren Ereignisses werden allein für die USA auf 0,6 bis 2,6 Billionen Dollar geschätzt.
Können Sonnenstürme vorhergesagt werden?
Nein. Die Komplexität des Magnetfeldes der Sonne verunmöglicht es derzeit, Sonneneruptionen exakt vorherzusagen. Es gibt lediglich eine kurze Vorwarnzeit dadurch, dass der Röntgenblitz die Erde bereits nach acht Minuten erreicht, während die Plasmawolke erst ein bis zwei Tage nach einem koronalen Massenauswurf auf die Erde trifft.
Kann es auch Österreich treffen?
Ja, Polarlichter waren schon vereinzelt in Österreich zu beobachten. Bei noch schlimmeren Stürmen könnte die Stromversorgung und Kommunikationinfrastruktur in vielen Regionen immer wieder eingeschränkt werden. Auch der Flugverkehr wäre dann stark beeinträchtigt, sodass Tausende Reisende stranden. Und es kann zu Verkehrsunfällen wegen nicht funktionierender Steuerungssysteme kommen und zu Bränden in Privathaushalten, die durch Kerzen ausgelöst werden. Laut Experten ist ein solches Szenario vorstellbar, aber doch selten zu erwarten.