Wien
So will Stadt Wiens Wirtschaft krisensicher machen
Zehn zentrale Punkte beinhaltet die Zukunftsvereinbarung zwischen Stadt und Wirtschaftskammer. Heute wurde sie unterzeichnet.
Bereits 2018 definierten die Stadt Wien und die Wirtschaftskammer eine Zukunftsvereinbarung zur Stärkung der Wiener Wirtschaft. Ging es damals vor allem um den Ausbau der Infrastruktur, steht die Neuauflage, die heute, Dienstag, im Rathaus von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck unterzeichnet wurde, im Zeichen aktueller Probleme. Allen voran die Krisensicherheit des Wirtschaftsstandorts Wien und das Klima.
Die Zukunftsvereinbarung für die Jahre 2022 bis 2025 beinhaltet auf 60 Seiten zehn zentrale Zukunftsfelder. Mit diesen soll Wien als Wirtschaftsstandort gestärkt und weiterentwickelt, aber auch Wohlstand und Lebensqualität für die Stadt gesichert werden.
Der thematische Bogen spannt sich dabei von Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung und Krisenresistenz (Resilienzstärkung), Klimaschutz unter Einbeziehung der Wirtschaft, Fachkräfte, den Wissensstandort über EPU, Infrastruktur, Tourismus, öffentlicher Raum bis zur Außenwirtschaft, Deregulierung und der Plattformökonomie.
Im Mittelpunkt stehen die Bereiche städtischer Lebensraum, die Entwicklung zur Gesundheitsmetropole, Digitalisierung, Innovation und Aktivitäten zur Entwicklung und Belebung lokaler Zentren und Grätzel.
In der Zukunftsvereinbarung bekennen sich Stadt und Wirtschaftskammer Wien zu "einem Kraftpaket, das auch die Stärkung der Resilienz der heimischen Betriebe durch eine Verbesserung ihrer Eigenkapitalquote zum Ziel hat". Bestehende Instrumente sollen weiterentwickelt und neue, gemeinsame Initiativen gesetzt werden.
Um das Ziel der Stadt bis 2040 klimaneutral zu werden, bilden Politik und Wirtschaft einen Schulterschluss. In einer Reihe von Themenfeldern sollen gemeinsam Programme, Initiativen und Aktivitäten gesetzt werden. Darunter fallen beispielsweise die E-Mobilität, Elektro-Taxis, nachhaltige Bauwirtschaft oder die Kreislaufwirtschaft.
Als konkrete Beispiele nannte Ludwig den bevorstehenden Bau der größten Wärmepumpe Mitteleuropas sowie den Ausbau der Photovoltaik in Wien, so soll die Menge des Sonnenstroms bis 2030 verfünffacht werden. Zudem kündigt Ludwig die Möglichkeit für Kleingärten oder Einfamilienhäuser ein, ohne behördliche Zustimmung kleinteilige Photovoltaikanlagen errichten zu dürfen.
Die Deckung des Fachkräftebedarfs und damit die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wiener Betriebe bei gleichzeitiger Verbesserung der Vermittlungschancen von Wiener Arbeitslosen ist ein grundsätzliches Ziel, das Stadt und WK Wien durch gemeinsame Anstrengungen erreichen wollen. Als zentrale Punkte wurden verbesserte Berufsorientierung, Lehrausbildung für Maturanten und Erwachsene und die Etablierung eines Fachkräftezentrums im waff genannt.
Zudem sollen die Schulstandorte ausgebaut werden. Um die Schulen mit WLan auszustatten, investiert Wien 60 Millionen Euro. Daneben setzt man auf Berufsschulen: So entsteht etwa bis 2028 in der Seestadt Aspern (Donaustadt) eine neue Berufsschule für das Bau- und Baunebengewerbe, in der bis zu 7.500 Schüler lernen können. Die Stadt stellt dafür 215 Millionen Euro bereit.
Auch eine Forderung an den Bund haben Ludwig und Ruck formuliert: "Schüler ab der 5. Schulstufe sollten ein Pflicht Wirtschaft haben, um das ökonomische Verständnis zu fördern".
Kooperationen von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung sollen weiter forciert werden. Besonderes Potenzial hätten akademische Spin-offs, deren Ziel es sei, wissenschaftliche Erkenntnisse aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu transferieren und weiterzuentwickeln. Wien will für Start-ups eine "Brücke von Ost nach West" sein. Im Rahmen des Vienna Start-up Package werden internationale Start-ups nach Wien eingeladen, die motiviert sind, in den DACH-Raum zu expandieren und in das lokale Start-up-Ökosystem einzutauchen.
Um Ein-Personen-Unternehmen bei der Existenzsicherung zu unterstützen, ihnen Wachstum zu ermöglichen und sich als künftige Arbeitgeberbetriebe zu positionieren, sollen die Förderungen und Beratungsleistungen für EPU weiter ausgebaut werden.
Schwerpunkte im Infrastrukturbereich sind der weitere Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, die Erweiterung des Straßennetzes – vor allem zur Anbindung der Wiener Betriebs- und Stadtentwicklungsgebiete, der Breitbandausbau und die Stärkung von Wien als internationalen Logistikstandort.
Der krisengebeutelten Tourismus-Branche Ziel soll ein rascher Re-Start erleichtert werden. Um die volle Stärke des Tourismusstandorts und der "Meeting Destination" Wien für Kongresse im internationalen Wettbewerb rasch wiedererlangen zu können, sollen neue Tourismus- und Kulturangebote geschaffen werden. Daneben wollen Stadt und WKW Fachkräfte für die Tourismusbranche sichern, hybride Meetingsformate weiterentwickeln sowie eine Attraktivierung des öffentlichen Raums forcieren.
Im Wettbewerb der Regionen um Ideen, Fachkräfte, Innovationen, Kapital und Unternehmen setzt Wien auf einen "kraftvollen Außenauftritt". Zentral sind dabei ein gemeinsames Standort- und Außenwirtschaftsmarketing. Die Attraktivität Wiens als Headquarter-Location und für internationale Betriebe soll von Stadt und WK Wien strategisch weiterentwickelt werden.
Zudem bekennen sich Stadt die WK Wien zu einer Beschleunigung der Verwaltungsverfahren sowie für einen Bürokratieabbau bei gleichzeitiger Wahrung der Chancengleichheit aller Wirtschaftstreibenden. Kosten für bürokratische Verpflichtungen sollen auf das erforderliche Ausmaß beschränkt werden.
Da Betriebsflächen und –anlagen sowohl für die Stadt wie auch die Wirtschaft wichtig sind, soll die WK Wien künftig bei Flächenwidmungen, die volkswirtschaftliche oder standortpolitische Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Wien haben, miteinbeziehen.
Die Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen für die Wiener Wirtschaft, gute Arbeitsbedingungen für heimische Arbeitnehmer und der umfassende Schutz von Verbrauchern gegenüber digital und international agierenden Großunternehmen ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Wien setzt sich in diesem Sinne für eine Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze und der regionalen/lokalen Dimension in der Entwicklung neuer Rechtsinstrumente im Digitalbereich auf EU-Ebene ein.
Die gesamte Zukunftsvereinbarung findest Du auch online zum Download.
Millionenschwerer Schulterschluss gegen Coronakrise
"Wien ist ein exzellenter Wirtschafts- und Arbeitsstandort sowie eine der lebenswertesten Städte weltweit. Dass wir bis dato die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie für die Wienerinnen und Wiener in einem erträglichen Ausmaß halten konnten, liegt auch an der engen Abstimmung von Stadt und Wiener Wirtschaft", ist Ludwig überzeugt.
So habe man gemeinsam eine Reihe von Hilfsmaßnahmen für die Wiener Wirtschaft gesetzt, um Arbeitsplätze in der Stadt zu sichern und die Betriebe zu unterstützen. "Wir haben gemeinsam fünf Pakete mit insgesamt 50 Maßnahmen und einem Budget von 650 Millionen Euro geschnürt. Dazu gab es ein Konjunkturpaket im Ausmaß von rund 600 Millionen Euro", so Ludwig.
Die Anstrengungen der Stadt würden auch außerhalb der Landesgrenze gesehen. Mit 218 internationalen Betriebsansiedlung habe Wien 2021 trotz Corona das drittbeste Ergebnis seit 2012 erreicht. "Damit würden 1.718 Jobs geschaffen und 263 Millionen Euro an Investitionen ausgelöst", erklärte der Bürgermeister.
Zukunftsvereinbarung als "sichtbares Zeichen der Zusammenarbeit"
Das gemeinsame Drehen an den Schrauben will Stadt und Wirtschaftskammer jedenfalls fortsetzen. "Die heute vorliegende 'Zukunftsvereinbarung für Wien' ist ein weiteres sichtbares Zeichen der guten Zusammenarbeit und zeigt, dass wir über die kommenden Jahre hinaus gemeinsam diverse Maßnahmen setzen werden, um den Wirtschafts-, Bildungs-, Forschungs- und Arbeitsstandort Wien abzusichern", so Ludwig.
"Wien ist als Wirtschaftsstandort stark und auch sehr vielfältig aufgestellt. Diese Vielfalt war eines der Kriterien, warum wir bisher ein Stück besser durch die Pandemie gekommen sind als andere Bundesländer und Metropolen", ergänzte Ruck.
Jedoch dürfe man sich darauf nicht nicht ausruhen. "Im Zentrum unserer gemeinsamen Anstrengungen steht daher die Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronakrise. Wien muss sich als produktive Stadt weiterentwickeln, denn das bringt Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Stadt", so der WKW-Präsident