Welt
So schleust Wladimir Putin Tausende Flüchtlinge zu uns
Ob über Weißrussland und Polen oder mit gezielter Desinformation in Afrika: Russland übt mit Geflüchteten zunehmend Druck auf Europa aus.
Putins Konflikt mit Westeuropa wird längst nicht mehr nur auf dem Schlachtfeld in der Ukraine ausgetragen. Cyberangriffe sind an der Tagesordnung, ein erklärtes Ziel ist die Destabilisierung westeuropäischer Demokratien. Das geschieht auch, indem Russland Menschen aus Syrien, Afghanistan, der Türkei und auch afrikanischen Staaten hilft, nach Europa zu gelangen. Die wichtigsten Antworten.
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Wie geht Russland vor?
Russland und Weißrussland vergeben laut Migrationsexperte Eduard Gnesa großzügig Touristen- und Studentenvisa. So können die Menschen, die nach Europa wollen, nach Moskau oder Minsk fliegen. Von dort aus fahren sie Busse an die polnische Grenze, aber auch in Länder wie Tschechien. "Sie zeigten uns die besten Stellen zum Überqueren der Grenze, dort, wo es viel Wald zum Verstecken gibt", schilderte ein Geflüchteter aus Afghanistan gegenüber der "Grupa Granica", einem Zusammenschluss von NGOs und Anwohnern im Grenzgebiet.
Was ist das Ziel?
Die Destabilisierung Europas und insbesondere Deutschlands. "Viele Menschen wollen nach Deutschland, weil dort die Sozialleistungen gut sind und die Verfahren lange dauern", sagt Gnesa.
Wie viele Menschen kamen so schon in die EU?
Genaue Zahlen gibt es nicht. Gemäß der deutschen Bundespolizei kamen im ersten Halbjahr 2023 12.000 Menschen illegal über die Russland-Weißrussland-Route nach Deutschland. Die polnischen Sicherheitskräfte registrierten alleine im Juli 4000 illegale Grenzübertritte. "In Deutschland nehmen die Zahlen seit ungefähr einem Jahr zu", sagt Gnesa.
Wird das jetzt weiter zunehmen?
Davon ist laut dem deutschen Migrationsexperten Benjamin Schraven auszugehen: "Es ist in der Tat zu befürchten, dass diese Bemühungen Minsks und Moskaus weiter zunehmen werden, weil Europa beim Thema Asyl und Geflüchtete offenkundig politisch sehr verwundbar ist."
Was macht Polen?
Polen hat einen Zaun aus fünf Meter hohen Stahlstreben und Stacheldraht gebaut. Teilweise werden die Geflüchteten zurückgeschickt. Es gibt Berichte von schweren Misshandlungen von Geflüchteten durch polnische Grenzwächter. "Polen wird unter seiner rechtskonservativen Regierung mit Sicherheit weiter Härte an seiner Außengrenze zu Belarus zeigen", sagt Schraven. Solche "Pushbacks" seien aber klar nicht mit der europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar: "Dort ist etwa das Verbot der Kollektivausweisung festgeschrieben."
Hat Russland auch Einfluss auf die Flüchtlingsströme über die Mittelmeerroute?
Davon ist laut Gnesa auszugehen: "Russland nimmt mit großer Wahrscheinlichkeit Einfluss auf die Schlepperbanden in Nordafrika." Dass Russland den Krieg auch über eine Desinformationskampagne austrägt, ist schon länger bekannt. "Russland wird hier Einfluss nehmen und auch die Schlepper haben ein Interesse daran, unter den Geflüchteten zu verbreiten, wie großzügig Europa sei, um sie auf die Flucht zu locken", sagt Gnesa.
Wie genau wird das bewerkstelligt?
Laut Gnesa ganz einfach: über das Internet und soziale Medien. "Jeder zweite Mensch in Afrika hat ein Handy. Das macht es einfacher, Leute zur Flucht zu bewegen und diese zu koordinieren."
Was kann Europa tun?
Bisher scheinen Russlands Bemühungen zu fruchten, dafür sind auch die Bilder aus Lampedusa Beweise. Laut Gnesa muss die EU gegensteuern. "Es braucht eine stärkere Harmonisierung des Asylwesens, einen besseren Verteilerschlüssel, mehr Migrationspartnerschaften und auch stärkere Bemühungen, in den Herkunftsländern für Schutz zu sorgen. Andernfalls drohen die Flüchtlingsströme zuzunehmen."