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So klaut die Polizei heimlich dein Facebook-Foto
In den Staaten durchsuchte die KI-Software Clearview mindestens eine Million Social-Media-Accounts zur Gesichtserkennung von Verbrechern.
Das umstrittene KI-Programm Clearview untersucht das ganze Internet mithilfe künstlicher Intelligenz nach Bilddaten zur Gesichtserkennung. Das ist einerseits hilfreich zur Fahndung für Behörden wie die Polizei, aber anderseits ein großer Dorn im Auge Datenschutzbeauftragter. Clearview wurde in den Staaten mittlerweile über eine Million Mal verwendet. Jedes Mal werden dabei auch User in Europa im Internet durchsucht.
Der CEO von Clearview, Hoan Ton-That, gibt gegenüber der BBC bekannt, dass die Software bereits über 30 Milliarden Bilder auf Plattformen wie Facebook abgesucht hat – und das ohne die Erlaubnis der Nutzer. So würde beispielsweise die Polizei in Miami das KI-Programm regelmäßig brauchen.
So funktioniert das System: Die Behörden können das Foto einer Person, ob von einer Sicherheitskamera oder anderer Quellen, in Clearview hochladen und mit der riesigen Echtzeit-Datenbank abgleichen. Das Programm spuckt dann automatisch Links aus, wo passende Bilder gefunden wurden. Es soll dabei äußerst effizient sein.
Datenschutzbeauftragter rät von KI-Software ab
Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB) legt fest: Die ungefragte Beschaffung von Gesichtsdaten ist persönlichkeitsverletzend. "Wir raten allen Privaten und Behörden in der Schweiz davon ab, durch Clearview beschaffte Daten zu bearbeiten", so Kommunikationsspezialistin Silvia Böhlen.
Man habe sich bei den Strafverfolgungsbehörden des Bundes erkundigt, die Direktionen des Fedpol, der EZV und des NDB haben jedoch bestätigt, "dass sie in ihrer Tätigkeit Software wie Clearview weder einsetzen noch einzusetzen beabsichtigen", teilt der EDÖB mit. Die Stadtpolizei Zürich war jedoch in der Vergangenheit auf der Kundenliste von Clearview zu finden, berichtete Buzzfeed.
Der EDÖB hat bereits testweise einen Antrag bei Clearview gestellt, um zu prüfen, ob Schweizer Profile aus der Datenbank entfernt werden könnten. Bisher gab es aber noch keine Antwort.
Schweizer Polizei nutzt Alternativen
Trotzdem nutzt man in der Schweiz andere Gesichtserkennungssoftwares. So auch die Kantonspolizei Aargau: "Wir nutzen ein System, das nur auf bestehenden Datenbanken basiert. Wir bleiben rechtlich auf der sicheren Seite", so Mediensprecher Bernhard Graser. Man habe aber bereits mit dem Gedanken gespielt, solche KI-Softwares zu gebrauchen.
Der Aargau ist dabei nicht der einzige Kanton: "Aktuell nutzen die Kantone Aargau, St. Gallen, Neuenburg, Schaffhausen und Waadt bestimmte Tools zur Gesichtserkennung", so Angela Müller, Leiterin von der Organisation Algorithmwatch. Es gebe momentan noch keine gesetzliche Grundlage, daher liegt es aktuell an den Kantonen, zusätzliche Bestimmungen neben dem Datenschutz festzulegen.
"Besonders bei der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum gibt es bisher nur drei Kantone, die ein Verbot festgelegt haben", so Müller. Aktuell verhandelt die EU über ein Verbot von Echtzeit-Erkennungssystemen von Strafverfolgungsbehörden. Falls dies aber abgelehnt wird, können Softwares wie Clearview weiterhin von den Behörden genutzt werden.