Niederösterreich

So geht es mit umstrittenem Dollfuß-Museum weiter 

Das Konzept für das umstrittene Dollfuß-Museum in Gerhard Karners Heimatgemeinde wird nun von einem wissenschaftlichen Beirat erarbeitet.

Erich Wessely
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Das Dollfuß-Museum in Texing
Das Dollfuß-Museum in Texing
Wikipedia/GT1976

Zu Beginn seiner neuen Funktion als Innenminister sah sich Gerhard Karner (VP) wegen des Dollfuß-Museums in seiner Gemeinde Texingtal (Bezirk Melk) mit heftiger Kritik konfrontiert. Kritikern fehle bei dem Museum in der Gemeinde, wo Karner Bürgermeister war, eine ordentliche Auseinandersetzung mit dem austrofaschistischen Kanzler. 

"Wichtig, dieses dunkle Kapitel zu beleuchten"

"Es ist wichtig, dieses dunkle Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte zu beleuchten", hieß es von einem Sprecher des Ministers auf APA-Anfrage im Dezember 2021. "Ein klares Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat und gegen Nationalsozialismus, Antisemitismus, Faschismus und jeglichen Extremismus ist selbstverständlich - gerade für Gerhard Karner", so der Sprecher damals.

Das Museum gebe es seit über 20 Jahren, also lange bevor Karner Bürgermeister geworden sei, und sei unter wissenschaftlicher Begleitung von Gemeinde, Land und Bund eingerichtet worden. 2022 solle das Museum neu gestaltet werden, Karner habe bereits im Mai 2021 mit dem Obmann des "Zeithistorischen Zentrums Melk - Verein MERKwürdig" gesprochen, dieser solle in die "zeitgemäße Kontextualisierung" des Dollfuß-Museums eingebunden werden, im Rahmen eines breit aufgestellten Prozesses für das Jahr 2022 anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Gemeinde.

Sieben Monate nach der Kritikwelle steht nun der Fahrplan zur Neukonzeption des bisherigen „Dollfuß-Museums“ in Texing. 

Fahrplan für Museum steht

Nach den ersten Gesprächen im Mai 2021 zwischen der Gemeinde Texingtal (und dem damaligen Bürgermeister Gerhard Karner) und "MERKwürdig. Zeithistorisches Zentrum Melk" zur Neukonzeption des bisherigen „Dr. Engelbert-Dollfuß-Museums“ in Texing startete ein Projektteam Vorbereitungsarbeiten wie eine erste Analyse des Museums, wissenschaftliche Gespräche, Kontaktaufnahmen mit Vermittlungsinstitutionen sowie die Konzeption eines Fahrplans.

Wissenschaftlicher Beirat fixiert

Am 11. Mai 2022 wurde die Zusammenarbeit laut einer Aussendung vom Dienstag mit einer offiziellen Kooperationsvereinbarung und Beauftragung endgültig besiegelt. Ebenso wurde die Zusammensetzung des siebenköpfigen wissenschaftlichen Beirats finalisiert, der den Prozess begleiten.

Dieser soll im Sommer seine Arbeit aufnehmen. Bis Ende 2023 soll ein Konzept für die Neugestaltung des Geburtshauses von Engelbert Dollfuß vorliegen.

„Wir nehmen uns ganz bewusst Zeit für einen breiten, partizipativen Prozess“, betont Alexander Hauer, Obmann des Vereins "MERKwürdig", der gemeinsam mit Christian Rabl (wissenschaftliche Leitung) sowie mit Remigio Gazzari und Johanna Zechner (Kuratorenteam) das Projektteam bildet.

Vermittlungsphase startet

„Daher starten wir mit einer Vermittlungsphase, in der bei Werkstätten-Gesprächen Expertinnen und Experten zu Wort kommen. Im Rahmen von Workshops werden verschiedene lokale Gruppen eingebunden. Durch entsprechende Veranstaltungen informieren wir die Öffentlichkeit. Auf dieser bis Frühjahr 2023 dauernden Vermittlungsphase baut dann die Konzeption auf, die dann wiederum Basis für die Neuausrichtung ist. Das Zeithistorische Zentrum Melk ist im Rahmen des Projekts von der Gemeinde Texingtal auch damit beauftragt worden, sich konkrete Gedanken über die Finanzierung und den Betrieb eines Museums zu machen“, erklärt Alexander Hauer die Vorgehensweise in der Aussendung.

„Es freut uns sehr, dass es uns gelungen ist, einen wissenschaftlichen Beirat zusammenzustellen, der sowohl über eine ausgewiesene fachliche Expertise zur Geschichte des Austrofaschismus als auch zu museologischen Prozessen verfügt“, so Christian Rabl über die Mitglieder des Beirats.

Das sind die Mitglieder des Beirats

Dieser setzt sich wie folgt zusammen:

Ernst Bruckmüller ist emeritierter Universitätsprofessor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien und gründete das Institut für Geschichte des ländlichen Raums. Er ist profunder Kenner der Region und routinierter Ausstellungsmacher.

Lucile Dreidemy vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien ist Historikerin und Germanistin und hat sich mit ihrer Forschungsarbeit „Der Dollfuß-Mythos“ kritisch mit dem Personenkult rund um den umstrittenen Kanzler auseinandergesetzt.

Ernst Langthaler ist Vorstand des Instituts für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Johann-Kepler-Universität in Linz und Vorstand des Instituts für Geschichte des ländlichen Raums in St. Pölten.

Eva Meran vom Haus der Geschichte Österreich ist Kunsthistorikerin, Vermittlerin und Kuratorin und verfügt über langjährige Erfahrung in der Vermittlung von Zeitgeschichte.

Carlo Moos lehrte Geschichte am Historischen Seminar der Universität Zürich und hat 2021 den ausführlichen Sammelband „(K)ein Austrofaschismus? Studien zum Herrschaftssystem 1933 – 1938“ herausgegeben.

Verena Pawlowsky verfügt über umfangreiche Expertise zur österreichischen Geschichte 1933–1945 sowie breite Erfahrung in Ausstellungsprojekten.

Christian Rapp ist wissenschaftlicher Leiter des Hauses der Geschichte in St. Pölten und hat ebenfalls zahlreiche Ausstellungsprojekte kuratiert.

Porträt von Dollfuß

Die ÖVP wurde in der Vergangenheit immer wieder für einen unkritischen Umgang mit Dollfuß kritisiert: Jahrelang hing etwa im Parlamentsklub der Volkspartei ein Porträt des austrofaschistischen Kanzlers. Schließlich nahm die ÖVP vor ein paar Jahren den Parlamentsumbau zum Anlass, das umstrittene Bild los zu werden und dem Niederösterreichischen Landesmuseum als Dauerleihgabe zu übergeben.

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