Ukraine

So dramatisch hat ein Jahr Krieg unsere Welt verändert

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 wird als Wendepunkt in die Geschichtsbücher eingehen. Das hat ein Jahr Krieg verändert.

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Die ukrainische Armee leistet nicht nur bei Bachmut erbitterten Widerstand gegen die russischen Invasoren.
Die ukrainische Armee leistet nicht nur bei Bachmut erbitterten Widerstand gegen die russischen Invasoren.
REUTERS

Ulrich Schmid, Professor für Osteuropastudien an der Universität St. Gallen, analysiert, welche Auswirkungen der nun einjährige Krieg schon hatte. Er blickt dabei aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Geschehnisse der letzten 12 Monate. Die Ukraine wusste laut Schmid spätestens seit 2014, dass Russland ein Aggressor ist. Jetzt, ein Jahr nach dem Einmarsch, ist die Wirtschaftsleistung um 50 Prozent eingebrochen, Zehntausende sind gestorben oder verwundet worden, Millionen sind geflüchtet.

Dadurch sei die Ukraine näher an Europa herangerückt. Die Haltung von Präsident Selenski – dessen Präsidentenstuhl im Januar 2022 noch wackelte – und der Bevölkerung sei aber bemerkenswert. "Zurückweichen war nie eine Option. Selenski und sein Stab verfügen mittlerweile über eine fast uneingeschränkte innenpolitische Macht und können dies mit der Verteidigung des Landes begründen."

Aus Sicht von Russland

Russland betrachtet die Ukraine laut Schmid nicht isoliert. "An Putins Träumen vom großrussischen Reich hat sich nichts verändert. Die kalte Übernahme von Belarus läuft seit 2020. Jetzt gibt es Gerüchte um einen Umsturz in Moldau. Putin hat ein Besatzungsregime im eigenen Land installiert und will seine Macht auf den postsowjetischen Raum ausdehnen."

Dennoch sei längst nicht alles positiv verlaufen und es gäbe insbesondere ein großes Fragezeichen: Das russische Militär sei in der Ukraine einem "verheerenden Reality-Check" unterzogen worden. "Es hat sich gezeigt, dass die russische Armee hinsichtlich Strategiefähigkeit, Ressourcen und Kampfmoral längst nicht so leistungsfähig ist wie geglaubt."

Aus Sicht Europas

Die EU ist seit Kriegsausbruch geschlossener geworden. "Man hat sehr schnell einen Konsens gefunden, dass man die Ukraine unterstützt, militärisch, finanziell und politisch. Die einzige Ausnahme bildet Ungarn, das kein Kriegsmaterial in die Ukraine liefert." Im Europarat habe es mit dem Austritt Russlands einen Knall gegeben: "Weil die Menschenrechtskonvention in Russland nicht mehr gilt, gibt es für die Bevölkerung faktisch keinen Schutz der Menschenrechte mehr." Er relativiert die Bedeutsamkeit des Austritts aber: "Schon zuvor war ein Gesetz erlassen worden, das russisches Recht über internationales gestellt hat."

Aus Sicht der USA und China

China ist laut Schmid zum wichtigsten Player in der Weltordnung aufgestiegen und hat bereits einen Friedensplan verkündet. Dieser sieht einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine vor und soll die Kriegsparteien endlich an den Verhandlungstisch bringen. Doch vor allem von ukrainischer Seite hagelt es Kritik: Die Rolle Russlands als Aggressor in der Auseinandersetzung werde vonseiten Chinas einfach ignoriert und somit unter den Tisch gekehrt.  

"Im Gegensatz zu Russland weitet China seine Macht mit einer wirtschaftlichen Expansionsstrategie aus." Die USA ihrerseits habe vom Ende der Abhängigkeit Europas von russischem Gas und der Zerstörung von drei von vier Pipelines von Nordstream 1 und 2 profitiert. "Doch auch wenn die USA nach wie vor die stärkste Militärmacht der Welt ist, möchte sie nicht mehr Weltpolizist spielen", so Schmid. 

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