Welt
Snowden kann USA noch viel mehr Schaden zufügen
Snowden-Kontaktmann Glenn Greenwald erhält wie kein anderer Einblick in die Welt des von den USA gejagten Whistleblowers. Der "Guardian"-Journalist hat nun publik gemacht, dass der IT-Spezialist an verschiedenen Orten Informationen deponiert habe. Stoße ihm etwas zu, komme die ganze Wahrheit ans Licht - mit schlimmen Folgen für die USA.
Snowden-Kontaktmann Glenn Greenwald erhält wie kein anderer Einblick in die Welt des von den USA gejagten Whistleblowers. Der "Guardian"-Journalist hat nun publik gemacht, dass der IT-Spezialist offenbar an verschiedenen Orten Informationen deponiert hat. Stoße ihm etwas zu, komme die ganze Wahrheit ans Licht - mit schlimmen Folgen für die USA.
Laut Greenwald verfüge Snowden über Material, das zum Alptraum für die USA werden könnte. Snowden könne der Regierung in Washington "in einer einzigen Minute" mehr Schaden zufügen als jede Person zuvor, sagte er der argentinischen Zeitung "La Nacion" (Samstagsausgabe).
"US-Regierung sollte hinknien und flehen"
Snowden hat offenbar zu seinem Schutz Informationen an verschiedenen Orten deponiert, die veröffentlicht werden sollen, falls ihm etwas zustößt. "Die US-Regierung sollte sich jeden Tag hinknien und flehen, dass Snowden nichts passiert, denn wenn ihm irgendwas zustoßen sollte, würden alle Informationen enthüllt", sagte Greenwald. "Und diese könnten ihr schlimmster Alptraum werden."
Zugleich betonte der britische Journalist, dass Snowden "nicht die Absicht" habe, den USA zu schaden. Bei einem Treffen mit russischen Menschenrechtlern am Freitag hatte Snowden betont, er sei ein "Patriot" und wolle die USA nicht schädigen.
Weiter Kontakt zu Snowden
Greenwald hatte Snowdens Spionagedokumente veröffentlicht und steht eigenem Bekunden weiterhin in Kontakt mit dem US-Computerspezialisten, der seit drei Wochen auf dem Moskauer Flughafen festsitzt. Nach Greenwalds Worten hat Snowden auch detaillierte Informationen darüber, wie der Geheimdienst NSA Lateinamerika ausspioniert. Ein Weg sei das Abgreifen von Daten bei einem US-Kommunikationsunternehmen, das Verträge mit den meisten südamerikanischen Ländern habe. Um welches Unternehmen es sich handelt, sagte Greenwald nicht.
Snowden hält sich seit dem 23. Juni auf einem Moskauer Flughafen auf. Die Regierung von Präsident Barack Obama verlangt seine Auslieferung. Mehrere Staaten in Lateinamerika haben ihm Asyl angeboten. Unklar ist, auf welchem Wege er dorthin gelangen könnte. Am Freitag hatte Snowden in Moskau erklärt, . Sein Ziel sei aber Südamerika.
Noch kein Asylantrag in Russland
Russland erklärte am Samstag, ein Asylantrag liege noch nicht vor. "Wir stehen nicht in Kontakt mit Snowden", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Ein Asylsuchender müsse zunächst einen Antrag bei der russischen Einwanderungsbehörde stellen. Deren Direktor Konstantin Romodanowski erklärte, es sei noch kein entsprechender Antrag Snowden eingegangen. Präsident Wladimir Putin hatte sich offen dafür gezeigt, Snowden Asyl zu gewähren, wenn dieser den USA nicht weiter schade.
Die US-Regierung warnte Moskau am Wochenende eindringlich vor einem solchen Schritt. Politisches Asyl sei "unvereinbar mit der russischen Versicherung, keine Verschlechterung der Beziehungen durch Snowden zu wollen", sagte Regierungssprecher Jay Carney. US-Präsident Barack Obama telefonierte am Freitagabend (Ortszeit) mit Auf der zweiten Seite finden Sie eine Chronologie der Causa Snowden. Bitte blättern Sie um!
Chronologie: Der Fall Snowden
5. Juni: Die britische Zeitung "The Guardian" berichtet, dass der Handynetzbetreiber Verizon dem US-Geheimdienst NSA auf der Grundlage eines geheimen Gerichtsurteils täglich Informationen zu allen Telefonanrufen innerhalb der USA sowie zwischen der USA und anderen Ländern übermitteln muss.
6. Juni: Berichten der "Washington Post" und des "Guardian" zufolge dürfen die NSA und die Bundespolizei FBI auf Serverdaten der Internetkonzerne Google, Microsoft, Yahoo, Facebook, Apple, Youtube, Skype, AOL und PalTalk zugreifen. Das geheime Überwachungsprogramm wurde demnach 2007 eingeführt.
7. Juni: US-Präsident Barack Obama spricht von einem notwendigen Kompromiss zwischen Privatsphäre und Sicherheit.
9. Juni: Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der über Hawaii nach Hongkong geflohen war, gibt sich als Quelle der Enthüllungen zu erkennen. Drei Tage später beschuldigt er Washington, weltweit "Hunderttausende Computer" zu überwachen.
21. Juni: Die US-Regierung beschuldigt Snowden der Spionage, des Diebstahls und der illegalen Nutzung von Regierungseigentum. Washington verlangt von Hongkong die Auslieferung des IT-Experten.
23. Juni: Snowden, gegen den inzwischen ein Haftbefehl vorliegt, reist nach Moskau. Sein Reisepass wurde von den US-Behörden ungültig gemacht. Der ecuadorianischen Regierung liegt nach eigenen Angaben ein Asylantrag Snowdens vor. Washington warnt Moskau und Peking vor diplomatischen Konsequenzen.
25. Juni: Russlands Präsident Wladimir Putin bestätigt, dass sich der Ex-Geheimdienstmitarbeiter weiterhin im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhält.
30. Juni: Auch die EU ist laut Berichten des Hamburger Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" Opfer der NSA-Spionage geworden. Der Geheimdienst habe unter anderem die EU-Vertretung in Washington und New York abgehört. Frankreich und Deutschland verlangen Aufklärung von der US-Regierung. Obama verspricht, alle Informationen vorzulegen.
1. Juli: Putin bietet Snowden ein Aufenthaltsrecht in Russland an, fordert aber, dass der Informant seine Aktivitäten gegen die USA einstellt. Nach Angaben der Plattform "Wikileaks" hat Snowden in zahlreichen Ländern, darunter Deutschland, um politisches Asyl ersucht.
2. Juli: Mehrere Staaten lehnen Snowdens Asylantrag aus formalen Gründen ab. Nach Ländern wie Deutschland, Österreich, Brasilien, Spanien und Polen erteilen ihm am Tag darauf auch Frankreich und Italien eine Absage. Sie pochen darauf, dass Snowden persönlich im Land anwesend sein muss, um Asyl beantragen zu können.
3. Juli: Der Fall Snowden führt zu weiteren diplomatischen Verwicklungen. Der bolivianische Präsident Evo Morales muss während eines Flugs von Moskau in seine Heimat einen 13-stündigen Zwangsstopp in Wien einlegen, nachdem ihm mehrere EU-Länder den Überflug verwehrt hatten. Hintergrund sind offenbar Gerüchte, dass sich Snowden an Bord der Maschine befand.
5. Juli: Nicaragua, Venezuela und Bolivien erklären sich bereit, Snowden aufzunehmen.
7. Juli: Snowden beschuldigt den deutschen Bundesnachrichtendienst in einem "Spiegel"-Interview, schon seit langem mit der NSA zusammenzuarbeiten.
12. Juli: Snowden beantragt vorübergehendes Asyl in Russland, um anschließend nach Lateinamerika ausreisen zu können. Der russische Parlamentspräsident Sergej Naryschkin, ein Vertrauter Putins, spricht sich dafür aus, Snowden zumindest zeitlich begrenzt politisches Asyl zu gewähren.