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Seltene Erkrankung – Wienerin (13) lebt mit Tumoren
Die Tochter von Claas Röhl kam gesund auf die Welt, doch nur wenige Monate später, sollte eine seltene Erkrankung das Leben der Familie verändern.
Die Freude über ihren Nachwuchs war groß, als Wiener Claas Röhl und seine Frau ihre neugeborene Tochter in die Arme schlossen. "Bei der Geburt war alles unauffällig", erzählt der Vater im Gespräch mit "Heute". "Die einzige Besonderheit war, dass sie mit einem hellbraunen Pigmentfleck auf der Wange zur Welt gekommen ist."
Wenige Monate später vermehrten sich die Pigmentflecken bei dem Mädchen. "Sie war drei Monate alt, als immer mehr Flecken aufgetaucht sind. Wir sind daraufhin zu mehreren Ärzten gegangen und bekamen unterschiedliche Dinge zu hören."
Erst eine Untersuchung an der Neuroonkologischen Spezialambulanz des AKH Wien brachte Klarheit. Im Alter von sieben Monaten wurde bei der Tochter des Wieners die seltene Erkrankung Neurofibromatose Typ 1 festgestellt. Ein Gentest bestätigte die Diagnose. "Das war für uns am Anfang natürlich ein Schock. Besonders, weil es sich um eine unberechenbare Krankheit handelt", erinnert sich Röhl.
Chemotherapie und Gehirn-OP
Das Leben der jungen Familie wurde komplett auf den Kopf gestellt. Routineuntersuchungen gehören seither zum Alltag. "Im Alter von zwei Jahren wurden bei einem MRT Sehbahntumoren bei ihr entdeckt. Diese können dazu führen, dass sie schlechter sieht. Es kann aber auch zur kompletten Erblindung kommen", so der 43-Jährige. Bis ins Alter von vier Jahren bekam das Mädchen eine Chemotherapie und musste sich eine Gehirnoperation unterziehen. "Zum Glück hat sie das mit dem bestmöglichen Ergebnis überstanden", berichtet der Vater.
„"Jedes neue MRT-Bild ist sehr nervenaufreibend. Die Anspannung ist immer groß."“
Heute ist Röhls Tochter 13 Jahre alt. Dass Tumore in ihrem Körper schlummern, sieht man ihr nicht an. Die engmaschigen Kontrollen lassen die Familie die Krankheit jedoch nicht vergessen. "Jedes neue MRT-Bild ist sehr nervenaufreibend. Die Anspannung ist immer groß", betont Röhl.
4.000 Betroffene in Österreich
In Österreich sind etwa 3.500 Menschen von der genetisch bedingten Tumorerkrankung betroffen. Es wird jedoch eine weitaus höhere Dunkelziffer angenommen. Um die medizinische und psychosoziale Versorgung zu verbessern und die Forschungsarbeit an der seltenen Erkrankung voranzutreiben, hat Röhl den Verein "NF Kinder" gegründet. "Als Vater eines von NF1 betroffenen Mädchens war es für mich unerträglich passiv zu bleiben und dabei zuzusehen, wie sich nichts verändert", so der Wiener.
„"Es wird vergessen, die Betroffenen medizinisch zu versorgen, sie psychologisch zu betreuen und Therapieangebote aufzubauen."“
Laut dem Verein kommt alleine im deutschsprachigen Raum jeden Tag ein betroffenes Kind zur Welt. "Im NF Kinder Expertisezentrum werden derzeitig circa 300 Kinder aus ganz Österreich betreut. Zwischen zwei und acht Jahren entwickeln 20 Prozent der Betroffenen Tumore an Sehnerven. Im Erwachsenenalter sind 99 Prozent von Hauttumoren betroffen, die in Anzahl und Größe mit fortschreitendem Alter zunehmen. Leider kann es auch zu bösartigen Tumoren mit sehr schlechter Prognose kommen", so Röhl.
Eigenes Expertisezentrum am Wiener AKH eröffnet
Derzeit ist Neurofibromatose nicht heilbar. Auch eine Präventivtherapie gibt es nicht. Das will Röhl ändern. "Wenn eine Krankheit wie NF ignoriert wird, dann wird auch auf die Betroffenen vergessen. Es wird vergessen, die Betroffenen medizinisch zu versorgen, sie psychologisch zu betreuen und Therapieangebote aufzubauen. Es wird vergessen, an einer Heilung zu forschen und der Staat vergisst, die Betroffenen in ihrer schwierigen Situation zu unterstützen", so der Vater.
Unterstützung für Betroffene und ihre Familien bietet seit 2018 das im Wiener AKH vom Verein, in Kooperation mit der Meduni Wien, gegründete NF Kinder Expertisezentrum, welches von Amedeo Azizi geleitet wird. "Kinder mit Neurofibromatose sind nicht per se krank. Wir sprechen daher lieber von Veranlagung als von Erkrankung. Sie tragen jedoch unter anderem ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Tumoren vor allem im Zentralnervensystem", so der Arzt.
Mit dem Zentrum haben Röhl und Azizi nicht nur die medizinische, sondern auch die psychologische Betreuung im Fokus. Durch weitere Spendengelder will Röhl ein landesweites Netzwerk mit Partnerkliniken aufbauen und die Forschung vorantreiben.
Über Neurofibromatose
Unter der seltenen Erkrankung werden drei verschiedene genetisch bedingte Tumorerkrankungen zusammengefasst. NF Typ 1, NF Typ 2 und Schwannomatose. Bei jeder dieser Krankheiten ist ein anderes Gen betroffen. Die Krankheitsbilder unterscheiden sich teilweise stark. Gemeinsam haben alle drei Krankheiten die Ausbildung von Nerventumoren.
Hier kann man den Verein NF Kinder mit Spenden unterstützen.