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Seit 20 Jahren hier – aber wählen darf ich nicht

Heute Redaktion
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Die Nationalratswahl rückt näher, doch viele Menschen in Österreich sind lediglich stille Beobachter - so auch ich. Die neueste Folge des Balkan-Blogs.

Seit mittlerweile 20 Jahren wohne ich mit meiner Familie in Wien. Ich habe mich hier ziemlich gut eingelebt, finde ich. Ich war hier an der Schule, habe studiert und eine Arbeit gefunden. Und ich habe vor, den Rest meines Lebens hier zu verbringen. Deshalb bin ich natürlich auch an der politischen Lage des Landes interessiert.

Mitreden darf ich jedoch nicht. Ich habe nämlich einen kroatischen Pass und der hindert mich daran, mein Kreuz bei der kommenden Nationalratswahl zu setzen.

Klar – ich kenne die Einwände schon. An dieser Stelle möchte ich euch kurz erklären, warum sie mich allesamt nicht überzeugen:

Einwand 1: Ich darf ja in Kroatien wählen

Über diesen Blog

Hallo und herzlich willkommen zu "Hajde", dem Balkan-Blog auf "Heute.at"! Unser Blogger ist zwischen Sarma und Wiener Schnitzeln aufgewachsen. Wie das so ist? Er verrät's euch in seinen Kolumnen. Übrigens: "Hajde" bedeutet auf Deutsch so viel wie "Los geht's!"

Und was ist für euch typisch Balkan? Eure Inputs sind willkommen unter [email protected]

Manche von euch werden jetzt sagen: "Dafür darfst du in Kroatien wählen". Mag zwar sein, aber in Wahrheit interessiert mich die Politik dort nicht wirklich. Klar schaue ich hin und wieder runter und beobachte, was so abgeht. Aber es betrifft mich eigentlich in keinster Weise. Mein Lebensmittelpunkt ist hier in Österreich.

Ich bin der selben Staatsgewalt unterworfen wie jeder Österreicher. Wenn Steuern erhöht werden, dann bin ich ebenso betroffen wie jeder andere Österreicher. Wenn es ums Rauchverbot geht, dann würde ich nicht nur gerne mitreden, sondern auch mitentscheiden.

Einwand 2: "Hol' dir doch die österreichische Staatsbürgerschaft"

Meinen Pass hergeben möchte ich aber auch nicht. Und zwar aus mehreren Gründen. Erstens: Kroatien ist doch irgendwo ein Teil meiner Identität. Ich bin dort geboren, dort aufgewachsen und fiebere auch mit, wenn die "Kockasti" bei der Fußball-Großveranstaltungen auf das Spielfeld laufen. Ich bin da ganz ehrlich, ich bin ein klein wenig stolz drauf, dass ich einen blauen Pass mit dem Karo-Wappen besitze. Gleichzeitig finde ich, dass er mich aber nicht weniger österreichisch macht, oder wie seht ihr das?

Zweitens: Ich hätte in meiner jetzigen Situation einen riesigen Nachteil gegenüber gleichaltrigen Staatsbürgern. Würde ich mir jetzt die österreichische Staatsbürgerschaft holen, dann müsste ich entweder zum Bundesheer oder zum Zivildienst. Nicht, dass ich mich davor drücken möchte. Jedoch würde dies mein Leben ziemlich auf den Kopf stellen. Mein Einkommen wäre mit einem Schlag weg. Ob der Arbeitgeber das mitmacht, ist dann noch eine Frage.

Einwand 3: Keine Chance in der Politik

Ich weiß, dass man aktuell weit davon entfernt ist, Migranten wählen zu lassen. Alle Großparteien stellten sich zuletzt klar gegen das Wahlrecht für Ausländer. Dabei sind in Wien knapp 30 Prozent von diesem Problem betroffen. Darunter auch berühmte Persönlichkeiten wie zum Beispiel der TV-Star Dirk Stermann.

Klar ist: Ausländer haben in den meisten Staaten der Welt kein Wahlrecht. In lediglich vier Ländern ist es Migranten erlaubt, ihre Stimme in dem Land abzugeben, in dem sie sesshaft sind: Chile, Uruguay, Neuseeland und Malawi. Zwischen fünf und fünfzehn Jahren müssen Ausländer in den betreffenden Ländern ihren Lebensmittelpunkt haben, damit sie zur Wahlurne gehen dürfen.

Ich finde: Es würde Österreich gut anstehen, hier in Europa ein Stück Pionierarbeit zu leisten. Es wäre nicht sonderlich schwer den Menschen, die hier leben, ein wenig Vertrauen zu schenken. Vielleicht ist genau jetzt die Zeit dafür?

Was sagst du dazu? Bist du auch von dieser Misere betroffen? Würdest du dir wünschen, du dürftest in Österreich wählen gehen?

Oder bist du der Ansicht: "In Österreich dürfen auch nur österreichische Staatsbürger wählen"?


Diskutiere mit uns in den Kommentaren!



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