Wien
Schüler, Lehrer und Eltern gegen Abschiebung von Tina
Schüler, Lehrer, Eltern und Politiker demonstrierten gestern Nachmittag für die 12-Jährige. Wie berichtet, soll das Mädchen heute abgeschoben werden.
"Tiiiinnnaaa", jubeln die Kinder, als die 12-Jährige in der Familienschubhaft Zinnergasse ans Fenster kommt. Sofort gehen alle Arme in die Höhe und es wird gewunken. Tina drückt ihre Hände gegen die Scheibe, das Fenster ist gekippt. Immer wieder schmiegt sich ihre Schwester Lea (5) an ihr Bein und winkt der Gruppe am Parkplatz zu.
Seit Montagabend sind die Schwestern und ihre Mutter in Simmering untergebracht. Heute Früh sollen sie nach Georgien abgeschoben werden ("Heute" berichtete). "In ein Land, wo sie sich kaum verständigen können. Für Tina bricht eine Lebenswirklichkeit zusammen", weiß Klassenvorständin Ildi G.
Mitschülerinnen und Mitschüler in Tränen ausgebrochen
Gestern versammelten sich Schüler, Lehrer, Eltern und SPÖ-Politiker vor dem Zentrum. "Tina muss zur Schule gehen", "Was kann Tina dafür?", ist auf den Plakaten zu lesen. "Damit zeigen wir, dass Tina nicht alleine ist", so ihre Lehrerin. "Ich hoffe, dass sie zurückkommt", so Ava (12). Die Mitschülerin brach in Tränen aus, als sie von der Abschiebung erfuhr. An einen schlechten Scherz dachte zuerst Klassenkollege Leonard (13): "Es war surreal, ich habe geweint".
Kein Verständnis für die Entscheidung der Behörden hat Papa Ravez: "Georgien ist für meine Familie kein sicheres Land", sorgt er sich um seine Töchter und Lebensgefährtin. Er hat einen aufrechten Aufenthaltstitel und will für seine Familie weiter kämpfen.
Aktion für Ludwig "nicht nachvollziehbar"
Kritik an der Vorgangsweise kam am Mittwoch auch von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Am Rande eines Medientermins bezeichnete er die Aktion als "nicht nachvollziehbar". Der Stadtchef verurteilt die Abschiebung.
Solidaritätsbekundungen vor Ort gab es von SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso: "Ich bin heute da, weil ich es als Frechheit empfinde, dass eine Familie, die seit Jahren hier ist, gut integriert ist, wo die Kinder hier in die Schule gehen, einfach abgeschoben wird. Österreich braucht eine andere Politik". Kritik kommt auch aus dem Bund von SPÖ-Nationalratsabgeordneter Nurten Yilmaz: "Mir bricht es das Herz, hier geht es um Kindeswohl".
"Wer hier nicht aufsteht, hat kein Gewissen"
Mittwochabend protestierten dann noch Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr und Kulturstadträtin Veronika Kaup-Hasler vor der Schule im 1. Bezirk. Beide halten die geplante Abschiebung des 12-jährigen Mädchens und ihrer Familie nach Georgien für "höchst problematisch". "Das Mädchen hat hier ihre Freundinnen und Freunde – Österreich ist ihr "Zuhause". Ich fordere Innenminister Nehammer abermals dazu auf, eine menschliche und humanitäre Lösung zu finden und diese Abschiebung zu verhindern!", so der Stadt-Vize. "Diese Mädchen sind Wienerinnen und beispielhaft für eine gelungene Integration. Wer hier nicht aufsteht, hat kein Gewissen. Ich danke den engagierten Mitschülerinnen und Mitschülern, die sich mutig für ihre Freundin einsetzen. Sie setzten damit ein Zeichen der Hoffnung!“, betont Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler.
Seit vier Jahren unrechtmäßig im Land
Rechtlich dürfte der Fall eindeutig sein. Laut APA befinden sich Mutter und Tochter seit vier Jahren unrechtmäßig im Land. Die lange Aufenthaltsdauer soll deshalb zustande gekommen sein, weil behördliche Vorgaben nicht eingehalten wurden. Zudem soll sich die Familie schon sechsmal der Abschiebung entzogen haben, beruft sich das Ö1-Mittagsjournal auf "informierte Kreise".