"Wachte im AKH auf"

Schlimmer Baupfusch – Schülerin erleidet Hirnschaden

Ein Maurer schloss in Wien einen Rauchfang luftdicht ab, darunter brach eine 17-Jährige beim Duschen zusammen und ist fürs Leben gezeichnet – Prozess!

Christian Tomsits
Schlimmer Baupfusch – Schülerin erleidet Hirnschaden
Der angeklagte Hilfsarbeiter war selbst fassungslos über den Unfall – er sei jedoch nicht verantwortlich.
Denise Auer

Ein unglaublicher Fehler auf einer Baustelle in Rudolfsheim-Fünfhaus führte am 16. November 2022 zu einer furchtbaren Tragödie – wir berichteten. Eine 17-Jährige erlitt beim Duschen eine schwere CO-Vergiftung und einen irreparablen Hirnschaden. Der Maurer (47), der kurz zuvor Betonierarbeiten am Rauchfang durchgeführt hatte, musste sich am Dienstag am Wiener Landesgericht wegen grob fahrlässiger, schwerer Körperverletzung verantworten.

Rauchfang mit Polystyrol verschlossen

Der 47-Jährige schloss auf der Dachbaustelle den Rauchfang mit Styropor ab, an der angeschlossenen Wohnung bildete sich dadurch ein Abgas-Rückstau. Zuvor habe es keine Warnung an die Bewohner gegeben und auch der Gashahn der Wohnung sei nicht vorübergehend abgedreht worden – laut Gutachter schwere Versäumnisse.

Mathias Burger verteidigt den Hilfsarbeiter. "Er ist nicht für diesen schrecklichen Unfall verantwortlich."
Mathias Burger verteidigt den Hilfsarbeiter. "Er ist nicht für diesen schrecklichen Unfall verantwortlich."
privat

300.000 Euro Regress und Schmerzensgeld

Der Angeklagte beteuerte seine Unschuld: Er habe nur nach Auftrag gearbeitet und wusste nicht, welche Präventivmaßnahmen notwendig gewesen wären, um diese Katastrophe zu verhindern. Auch sein Verteidiger Mathias Burger pflichtete ihm bei: "Es wäre ein Wahnsinn, einen einfachen Hilfsarbeiter zu verurteilen." Allein die angekündigten Regressforderungen der Krankenkassa und das verlangte Schmerzengeld des Opfers belaufen sich auf rund 300.000 Euro und würden seine Existenz vernichten.

Die Folgen des Vorfalls spürt das Opfer indes ein Leben lang. Tapfer kämpfte sich der schwer gezeichnete Teenager, der damals gerade die Maturaklasse besuchte, in den Gerichtssaal: "Ich wollte nach der Schule duschen, dann bin ich im AKH aufgewacht", schilderte die nun 19-Jährige den Tag, der alles veränderte. Ihre Schwester fand sie erst nach Stunden leblos in der Wanne liegen.

Durch die lange Sauerstoffunterversorgung entstanden schwere Gehirnschäden, die Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme und Epilepsie auslösten. Sogar das Sprechen und Gehen musste die Betroffene neu lernen. Ihren Zustand fasste sie so zusammen: "Ich lebe noch". Seit einem Jahr versuche sie nun, die Schule zu beenden. "Doch alles fällt mir schwer", so die Zeugin.

Der von der Verteidigung bestellte Gutachter kam aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. "Dass hier keine Abschaltung der Gaszufuhr vorgenommen wurde und die Anrainer nicht verständigt wurden, ist ein Wahnsinn." Die Verantwortung sah auch der Bau-Profi jedoch nicht beim Hilfsarbeiter, sondern bei der Leitung der auftraggebenden Baufirma, deren Chefs nun geladen werden – vertagt auf 16. Oktober. Die Unschuldsvermutung gilt.

Auf den Punkt gebracht

  • Eine 17-jährige Schülerin erlitt in Wien eine schwere CO-Vergiftung und einen irreparablen Hirnschaden, nachdem ein Maurer den Rauchfang mit Styropor verschloss, ohne die Bewohner zu warnen oder den Gashahn abzudrehen
  • Der Maurer, der sich vor Gericht wegen grob fahrlässiger, schwerer Körperverletzung verantworten muss, beteuert seine Unschuld und verweist auf die Verantwortung der Baufirma; der Prozess wurde vertagt
ct
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