Science
Sauerstoffmangel ist's nicht! Darum gähnen wir wirklich
Wenn wir müde, gelangweilt oder gestresst sind, gähnen wir. Oder auch, wenn jemand anderes es tut. Was man bisher über das Phänomen weiß.
Wer kennt das nicht: Jemand gähnt herzhaft und schon verspürt man selbst den Impuls zu gähnen – auch wenn man gar nicht müde ist. Vielleicht musst du sogar jetzt, während du das liest, auf einmal gähnen. Aber warum ist Gähnen eigentlich so ansteckend? Und warum tun wir es überhaupt?
Gähnen bei Stress und Hunger
Meistens gähnen wir, wenn wir müde sind. Aber auch Langeweile, Hunger oder sogar Stress können Auslöser sein. Lange hielt sich die Theorie, dass Sauerstoffmangel im Gehirn der Grund für das Gähnen ist. Mittlerweile gilt diese jedoch als widerlegt. Auch, dass Gähnen primär als Wachmacher dient, konnte nicht abschließend bewiesen werden: Das Gehirn zeigt vor und nach dem Gähnen keine andere Hirnaktivität.
Dennoch gehen viele Forschende davon aus, dass es uns aufmerksamer macht. Unter anderem darum, weil das Gähnen einen kühlenden Effekt auf unser Gehirn haben kann. Denn beim Gähnen wird der Kiefer gedehnt, was die Durchblutung von Hals, Gesicht und Kopf fördert. Dann schickt ein tiefer Atemzug quasi einen Schwall kühler Luft in das Gehirn. Und das wiederum kann uns wacher machen.
Gähnen als Zeichen des Mitgefühls
Aber warum lasse ich mich anstecken, wenn ich selbst doch gerade hellwach bin? Viele Forschende machen für die ansteckende Wirkung die Spiegelneuronen in unserem Gehirn verantwortlich. Diese Nervenzellen sind für unser Mitgefühl verantwortlich: Wir lachen, wenn jemand lacht, und haben selbst Tränen in den Augen, wenn jemand weint. Und wir gähnen, wenn unser Gegenüber gähnt.
Forschende haben zudem beobachtet, dass Menschen, die besonders empathisch sind, sich schneller anstecken lassen. In einer anderen Studie wurde festgestellt, dass es auch eine Rolle spielt, welches Verhältnis wir zur gähnenden Person haben: Je näher sie uns steht – wie Partnerin oder Partner, Freunde oder Geschwister –, umso eher lassen wir uns anstecken und reißen selbst den Mund weit auf.
Gähnen verbindet
Eine weitere Theorie besagt, dass es der Gruppensynchronisation dienen und so den sozialen Zusammenhalt fördern soll, sprich: Wenn alle müde sind, fühlt man sich einander näher. Übrigens: Auch Hunde fangen häufig zu gähnen an, wenn etwa das Frauchen oder das Herrchen gähnt.
Weil Gähnen aus medizinischer Sicht nicht von besonders großer Bedeutung ist, wurde es bisher wenig erforscht. Warum wir gähnen und uns auch noch gegenseitig damit anstecken, ist also nach wie vor nicht ganz klar. Klar ist, dass es manchmal einfach richtig guttut.