Neues Unterrichtsfach

Russisches Schulbuch ruft Kinder zum Armeedienst auf

Putins Propaganda ist um 368 Seiten reicher. Ein neues Schulbuch soll junge Burschen mit Lügen und Lobliedern dazu bringen, Soldaten zu werden.

Roman Palman
Russisches Schulbuch ruft Kinder zum Armeedienst auf
Krankenversorgung, drei Mahlzeiten am Tag – unter anderem mit solchen Versprechungen soll russischen Kindern der Armeedienst schmackhaft gemacht werden.
REUTERS

Totalitäre Regime haben keine Scheu, ihre Kinder mit Propaganda zu indoktrinieren. Wladimir Putins Russland steht hier der Sowjetunion in nichts nach. Das beweist ein kürzlich ausgegebenes Lehrbuch für das neu eingeführte Unterrichtsfach "Grundlagen der Sicherheit und Verteidigung des Vaterlandes", das für alle Oberstufenschüler im Alter zwischen 15 und 18 Jahren in ganz Russland und auch den besetzten Gebieten der Ukraine verpflichtend ist.

Die Russland-Redaktion der BBC wagte nun einen Blick in das Werk namens "Die russische Armee bei der Verteidigung des Vaterlandes". Die 368 Seiten füllen die beiden Autoren, prominente Persönlichkeiten aus dem Verteidigungsministerium und der Kreml-Zeitung "Rossiiskaya Gazeta", mit Geschichten über die "heroischen Errungenschaften russischer Soldaten" seit dem 13. Jahrhundert.

Stalin glorifiziert

Dabei wird tief in die Propaganda-Trickkiste gegriffen. Das "Lehrbuch" ist ein Sammelsurium an verzerrten Darstellungen der russischen Geschichte. Die Siege der Roten Armee im Großen Vaterländischen Krieg – so wird der Zweite Weltkrieg ab 1941 in Russland bezeichnet – werden darin ebenso in den höchsten Tönen bejubelt wie Diktator Josef Stalin, der für den Tod von Millionen Sowjetbürgern durch Hunger-Genozid und Massenverfolgung verantwortlich war.

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    Bilder vergangener Holodomor-Gedenktage in der Ukraine.
    Bilder vergangener Holodomor-Gedenktage in der Ukraine.
    Sergey Dolzhenko / EPA / picturedesk.com

    Die Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 wird darin als "Wiedervereinigung mit Russland" gefeiert. Die Ereignisse in Kiew im selben Jahr werden als "Putsch" bezeichnet, alles Russische sei von der neuen Regierung verfolgt worden. Das Schulbuch repetiert dabei exakt die Propaganda-Erzählungen, die Wladimir Putin mittlerweile seit Jahren in die Welt setzen lässt.

    "Russland kämpft mit Anstand"

    Die Schuld an der russischen Invasion der Ukraine, die weiter als "Spezialoperation" bezeichnet wird, wird dabei vollständig der Ukraine selbst und der NATO angelastet. Zusammen hätten diese "einen Krieg geplant" und "eine große Zahl an ukrainischen Truppen und Panzerfahrzeugen an unserer Grenze zusammengezogen", heißt es darin.

    Dass es in Wahrheit Russland gewesen war, das unter dem Vorwand von angeblichen Truppenübungen selbst genau das getan hatte, um den geplanten Einmarsch möglichst lange zu maskieren, steht da natürlich nicht. Das Fehlen einer Erwähnung der eigenen nachgewiesenen Kriegsverbrechen wundert gar nicht mehr. Die Autoren insistieren wiederholt: "Russland kämpft mit Anstand".

    "Können Schülern keine alternativen Sichtweisen liefern"

    Dass mit dem Buch alle Kinder auf Linie gebracht werden sollen, wird von den Propagandisten nicht einmal verschleiert. "Liebe Kollegen, wir verstehen alle die Wichtigkeit, Informationen an unsere Schüler aus Perspektive Russlands wiederzugeben. Wir können den Schülern keine alternativen Sichtweisen liefern", zitiert BBC aus einem Online-Einführungsseminar für Lehrer durch eine Verlagsvertreterin. Dieses Textbuch solle helfen, die Fragen der Schüler zu beantworten und den "korrekten Überblick über gewisse Ereignisse" liefern.

    Neben der Gleichschaltung dient es aber vor allem einem Zweck: junge Burschen in die Armee zu treiben. Die Lobeshymnen auf die eigenen Soldaten und auf die Vorzüge des Dienstes für das Vaterland – Krankenversorgung, drei Mahlzeiten am Tag – sind durchsetzt mit Aufrufen, selbst zur Waffe zu greifen. Um es leichter zu machen, wird auch gleich erklärt, wo es das nächste Armeebüro gibt und welche Dokumente notwendig sind. 

    "Diese Kinder werden im Krieg sterben"

    Besonders junge Männer in den besetzten Regionen des Donbass und der Krim, sind solcher Propaganda schon seit zehn Jahren ausgesetzt. Weil es gleichzeitig für sie kaum Möglichkeiten gibt, auf andere Weise Geld zu verdienen, könnten sie besonders anfällig für die Versprechen eines anständigen Soldes sein, sagt Olha Skrypnyk. Die Chefin einer Menschenrechtsgruppe auf der Krim fürchtet, dass dieses Buch noch mehr junge Burschen zur Armee treiben könne: "Diese Kinder werden in den Krieg geschickt und sterben."

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