Ukraine

Tausende protestieren gegen Putin – oder flüchten

Nach der Ankündigung einer Teilmobilmachung in Russland wollen sich Tausende der drohenden Einberufung entziehen. Andere gehen auf die Straße.

Tausende Menschen gehen in Russland gegen Wladimir Putin auf die Straße.
Tausende Menschen gehen in Russland gegen Wladimir Putin auf die Straße.
REUTERS

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu nannte am Mittwochvormittag die Zahl von 300.000 Reservisten, die für Kämpfe in der Ukraine mobilisiert werden sollen. Eingesetzt werden sollen demnach Menschen mit Kampferfahrung. Insgesamt gebe es 25 Millionen Reservisten in Russland, sagte Schoigu. Es handelt sich um die erste Mobilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Menschen flüchten in völliger Panik

Diese Ankündigung hat viele Menschen in Panik versetzt. Viele versuchen nun, aus dem Land zu flüchten, um einer allfälligen Einberufung zu entgehen. Laut der in Russland beliebten Buchungsseite Aviasales waren alle Direktflüge in die nächstgelegenen ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien, Georgien, Aserbaidschan und Kasachstan am Mittwoch ausgebucht. Selbst Inlandsflüge in Grenzstädte waren äußerst begehrt: Flugtickets von Moskau in die Stadt Wladikawkas an der Grenze zu Georgien etwa kosteten am Mittwoch über 750 Dollar – mehr als das Zehnfache des üblichen Preises.

Russen verzweifelt

Laut dem Online-Dienst Google Trends wurden die Suchbegriffe "Tickets" und "Flugzeug" seit dem frühen Morgen in Russland doppelt so häufig im Internet eingegeben wie sonst üblich. Die Suchanfrage "Russland verlassen" war hundert Mal häufiger als an normalen Tagen.

Putin hatte zwar betont: "Nur die Bürger, die sich derzeit in der Reserve befinden, werden der Wehrpflicht unterliegen." Und Verteidigungsminister Sergej Schoigu versicherte, die 300.000 Reservisten, die eingezogen würden, seien nur etwa ein Prozent der Männer, die für eine Einberufung in Frage kämen. Doch viele Russen trauten dem offenbar nicht, zumal es widersprüchliche Angaben gab und Einzelheiten offenblieben.

Alle wollen nach Finnland

Viele versuchen auch, auf dem Landweg aus Russland zu flüchten. Webcam-Aufnahmen und Videos in sozialen Medien zeigen lange Schlangen an der finnisch-russischen Grenze. Es ist die einzige Grenze, die für russische Touristen mit Schengen-Visa noch geöffnet ist: Erst vor zwei Tagen hatten die baltischen Staaten die Einreise von Russen gestoppt.

Wie lange die Grenze zu Russland noch offen bleibt, ist allerdings unklar: In Finnland werden nun fleißig Unterschriften gesammelt, um eine Visa-Sperre für Russen zu erreichen.

Tausende gehen auf die Straße

Es gehen aber auch Tausende gegen Putin auf die Straße. Bei Protesten gegen die Teilmobilmachung in Russland sind nach Angaben von Aktivisten landesweit mehr als 400 Menschen festgenommen worden. Es habe bei spontanen Demonstrationen am Mittwoch mindestens 425 Festnahmen in mindestens 24 russischen Städten gegeben, erklärte die Organisation OVD-Info, die Festnahmen in Russland dokumentiert.

Im Stadtzentrum von Moskau wurden mindestens 50 Menschen auf einer Einkaufsstraße festgenommen, wie die AFP-Reporter beobachteten. In St. Petersburg kesselte die Polizei kleine Gruppen von Demonstranten ein und nahm die Demonstranten dann nacheinander alle fest.

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