Ukraine

Russe packt aus – "das wäre das Ende der Menschheit"

Der Friedensnobelpreisträger und russische Journalist Dmitri Muratow denkt, dass Wladimir Putin mit Propaganda einen Atomangriff legitimieren will.

Teilen
Der Journalist Dmitri Muratow ist der Ansicht, dass Putin nicht nur leere Worte benutzt, wenn er über Atomwaffen spricht.
Der Journalist Dmitri Muratow ist der Ansicht, dass Putin nicht nur leere Worte benutzt, wenn er über Atomwaffen spricht.
FABRICE COFFRINI / AFP / picturedesk.com

Der russische Journalist und Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow hat davor gewarnt, die russische Propaganda über einen Atomwaffeneinsatz in der Ukraine auf die leichte Schulter zu nehmen. "Ich würde die Möglichkeit nicht ausschließen, dass Atomwaffen eingesetzt werden", sagte Muratow am Dienstag bei einer Veranstaltung zum Internationalen Tag der Pressefreiheit vor Journalisten in Genf.

Propaganda soll Thema die Brisanz nehmen

Ziel der derzeitigen Propaganda des Kreml sei es, den Einsatz von Atomwaffen für die russische Öffentlichkeit akzeptabler zu machen, warnte der Chefradakteur der unabhängigen Zeitung "Nowaja Gaseta" weiter. "Schon seit zwei Wochen hören wir von unseren Fernsehsendern, dass die Atomsilos geöffnet werden sollten", sagte er. "Und wir hören auch, dass diese schrecklichen Waffen eingesetzt werden sollten, wenn die Waffenlieferungen an die Ukraine fortgesetzt werden."

1/6
Gehe zur Galerie
    Der russische Sender Rossija 24 zeigte eine Karte mit möglichen russischen Atomschlägen auf drei europäische Hauptstädte. Die Raketen könnten demnach Berlin in 106 Sekunden, Paris in 200 Sekunden und London in 202 Sekunden erreichen.
    Der russische Sender Rossija 24 zeigte eine Karte mit möglichen russischen Atomschlägen auf drei europäische Hauptstädte. Die Raketen könnten demnach Berlin in 106 Sekunden, Paris in 200 Sekunden und London in 202 Sekunden erreichen.
    Screenshot/Rossija 24

    Im Gegensatz zu den Behauptungen der Propaganda würde der Einsatz solcher Waffen "nicht das Ende des Krieges bedeuten", sagte Muratow: "Es wäre das Ende der Menschheit."

    Niemand könne Putin aufhalten

    Als die beängstigendste Entwicklung in Russland bezeichnete Muratow die "absolute, uneingeschränkte" Macht von Präsident Wladimir Putin. Sollte Putin den Einsatz von Atomwaffen beschließen, "kann ihn niemand aufhalten ... weder das Parlament, noch die Zivilgesellschaft, noch die Öffentlichkeit".

    Muratow war wegen seiner Verdienste um die Meinungsfreiheit im vergangenen Jahr gemeinsam mit der philippinischen Journalistin Maria Ressa mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Ende März musste seine Zeitung ihr Erscheinen einstellen, nachdem sie von den Behörden wegen ihrer Berichterstattung über die russische Invasion in der Ukraine mehrfach verwarnt worden war.