Wissenschaftliche Untersuchung
Resistente Keime gelangen über Fäkalien in die Donau
Die Hauptquelle antibiotikaresistenter Bakterien in Flüssen sind fäkale Verschmutzungen durch den Menschen. Über Abwässer gelangen sie in die Donau.
Jährlich sterben europaweit tausende Menschen an den Folgen einer Infektion mit antibiotika-resistenten Bakterien. Das Robert Koch Institut (RKI) schätzt die Zahl der Todesfälle 2019 auf etwa 91.000 Tote jährlich. Zurückzuführen ist das laut der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems unter anderem auf den gehäuften Einsatz von Antibiotika in Medizin und Landwirtschaft.
In zwei wissenschaftlichen Untersuchungen konnte nun die Hauptquelle von Antibiotika-resistenten Bakterien (ABR) in der Donau nachgewiesen werden. Wie sich zeigte, gibt der Biofilm im Fluss einen besseren Aufschluss über Hotspots entlang des Flusslaufes als das Wasser selbst.
Vom Abwasser in den Fluss
Der sogenannte Biofilm ist ein gemeinschaftlicher Zusammenschluss von Mikroorganismen, die an festen Oberflächen im Gewässer wie Steinen, Pflanzen oder Sedimenten haften. Diese Mikroorganismen bilden eine gemeinsame Schleimschicht (extrazelluläre Matrix) wodurch ein stabiler "Film" entsteht.
Weltweit gelten Krankenhäuser als Haupt-Hotspot für die Entstehung resistenter Keime. Hier werden antibiotika-resistente Bakterien oder deren Gene direkt zwischen Patientinnen ausgetauscht. Über Abwässer der Krankenhäuser gelangen diese Bakterien schließlich über Kläranlagen in aquatische Ökosysteme wie Flüsse und Seen. Dort sind sie dann im Wasser und im Biofilm nachweisbar.
Mehrere Unis forschten gemeinsam
In einer kooperativen Studie untersuchten das Uniklinikum St. Pölten, die Karl Landsteiner Uni Krems und die Medizinische Universität Graz die Resistenzmuster des Bakteriums Escherichia coli (E. coli) in menschlichen Isolaten und Umweltproben aus der Donau. "E. coli ist dafür ein sehr gut geeigneter Modellorganismus: Er ist als Haupterreger von Harnwegsinfekten weit verbreitet, besiedelt oft auch undichte Harnkatheter von Klinikpatientinnen und -patienten", erklärt Andreas Farnleitner, Leiter des ICC Water and Healt an der KL Krems und TU Wien. Das Bakterium wird in Gewässern als Indikator für ABR-Bakterien verwendet und sogar von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Anzeiger für Antibiotikaresistenzen empfohlen.
Resistenzmuster entlang der Donau
Weltweite Verbreitung durch Flüsse
Für die globale Verbreitung von ABR in der Umwelt sind große Flüsse besonders kritische Ökosysteme, weil sie stark von Abwasserbelastungen betroffen sein können und gleichzeitig Lebensadern darstellen. In Biofilmen der Donau konnten resistente Bakterien nachgewiesen werden, die sogar ESBL-Gene trugen. Das bedeutet, dass diese Bakterien Enzyme produzieren können, die sie gegen Beta-Lactam-Antibiotika resistent machen. Das erschwert in weiterer Folge die Behandlung einer Infektion mit diesen Bakterien.
Verständnis über das Vorkommen, die Verbreitung und die Haupttreiber von ABR-Bakterien entlang ganzer Flussläufe fehlte bisher aber weitgehend. Nun wurden Muster und Hotspots auf 2.311 Kilometern entlang der schiffbaren Donau untersucht. "Das so gewonnene umfassende Verständnis bildet die Grundlage für ein gezieltes Management zur Reduzierung der Verbreitung von ABR in Flussgebieten", so Alexander Kirschner, Forscher an der Karl Landsteiner Uni, der MedUni Wien und stellvertretender Leiter des ICC. Mit der gewonnenen Datenbank soll es zukünftig möglich sein, Trends in der Verbreitung von Antibiotikaresistenten Bakterien zu bewerten.