Ukraine
Reporter filmen Moment als Russen-Granate Familie tötet
Reporter der renommierten "New York Times" wurden nahe Kiew Augenzeugen, wie fliehende Zivilisten von russischen Granatenbeschuss getötet wurden.
Die russische Armee zieht seit Tagen schon die Schlinge rund um die ukrainische Hauptstadt immer enger. Im Nordwesten der Stadt haben die ukrainischen Verteidiger die Brücke über den Fluss Irpin – und damit das einzige wichtige militärische Ziel – gesprengt.
Hunderte Zivilisten haben seit Samstag unter den Brückenresten vor den Russen versteckt. Um weiter nach Kiew hinein zu fliehen, klettern sie in Kleingruppen über die Trümmer auf die andere Seite wo sie etwa 100 Meter offene Straße zurückgelegt müssen, ehe die nächste Backsteinmauer Schutz vor Gewehrfeuer bietet. Ein gutes Dutzend ukrainische Soldaten unterstützt sie dabei, bringen eiligst Kinder oder Gepäckstücke in Sicherheit.
Russen töten fliehende Familie
Das war die Situation, die ein Reporter-Team der "New York Times" in der kleinen Siedlung an der Grenze der Stadt Irpin zu Kiew antrafen. Dann hagelte es plötzlich Granaten:
Die erste Granate schlug rund 100 Meter hinter der Brücke ein, weitere Detonationen immer tiefer in Richtung Kiew folgten. "New York Times"-Fotoreporter Lynsey Addario und ihr Kollege Andriy Dubchak hatten die Flucht einer Familie gefilmt, als die Mörser-Geschosse auf der Straße niederregneten.
Auf ihrem Video ist zu sehen, wie die beiden Erwachsenen, ein Kind hinter sich herziehend, panisch nach einer sicheren Deckung suchen. Doch die gab es nicht. Einen Augenblick später schlägt in ihrer Nähe eine Granate ein. Als sich die Staubwolke wieder legt, liegen die Frau, ihr Sohn im Teenager-Alter und ihre etwa acht Jahre alte Tochter reglos auf dem Boden – sie waren sofort tot.
Nur kleiner Hund überlebte
Nur ihr Begleiter, ein Freund der Familie, hatte nach Angaben der "Times" noch einen Puls, verstarb aber wenig später an seinen schweren Verletzungen. Das wenige Gepäck der Fliehenden lag auf der Straße verstreut. Helfer fanden auch eine grüne Tragekorb mit einem kleinen Hund darin, der in Panik nach seinem Frauchen bellte.
"Heute" hat sich an dieser Stelle gegen eine Veröffentlichung von Andriy Dubchaks erschütternde Fotos der Momente nach dem Einschlag entschieden. Sie zeigen neben den Ersthelfern auch die Getöteten.
Fluchtrouten absichtlich bombardiert?
Für die Reporter, die Augenzeugen des schrecklichen Vorgehens der russischen Armee wurden, ist die Sache klar: Entweder lässt die Generalität absichtlich auch Fluchtrouten bombardieren, oder es wird einfach ohne Rücksicht auf zivile Opfer gefeuert.