Österreich
Homosexueller zieht Tochter groß, schreibt Bestseller
Michael Hilscher hat per Leihmutter Tochter Mia bekommen. Um ihr zu erklären, woher sie stammt, hat er ein Buch darüber geschrieben – mit Erfolg.
Eigentlich sollte er Emil Erpel heißen: Doch der Name war leider schon für den Gründer von Entenhausen vergeben – genauso wie Eddie Erpel, der als Schrecken durch die Nächte des Disney-Comics flattert: "Also wurde es Eduard Erpel", lacht Michael Hilscher (42) im Interview mit "Heute".
Hauptfigur Eduard Erpel
Eduard Erpel ist die Hauptfigur in Hilschers Kinderbuch "Eduard Erpel und das zauberhafte Ei". Das von der Deutschen Laura Ullrich humor- und liebevoll illustrierte Werk soll Kindern von Leihmüttern eine Antwort auf die Frage "Papa, wieso hab' ich keine Mama?" geben.
In dem Buch wünscht sich Eduard Erpel unbedingt ein Ei – aber bekanntlich können Erpel keine Eier legen. Zum Glück schenkt Emilia Ente dem Enterich eines ihrer Eier, Ella Ente wiederum brütet es für ihn aus. Zum Schluss schlüpft die kleine Mia aus dem Ei.
„"Ich wollte immer schon Kinder haben. Also entschied ich mich für eine Eizellenspende und eine Leihmutter im Ausland" - Michael Hilscher“
"Ich wollte immer schon Kinder haben. Ich bin schwul und war vor sieben Jahren noch Single. Also entschied ich mich für eine Eizellenspende und eine Leihmutter im Ausland (Leihmutterschaft ist in Österreich verboten, Anm.). Ich habe das Buch dann geschrieben, als meine Tochter Mia geboren wurde. Ich wollte ihr damit erklären, woher sie kommt", erzählt der Jurist und Unternehmer.
Buch seit Juni
Das Buch, das im Juni veröffentlicht wurde, war ursprünglich für Verwandte gedacht, Hilscher ließ vorerst nur 15 Exemplare im Eigenverlag drucken. Doch schon bald stieg die Nachfrage enorm: "Wir haben es dann auf Englisch mit dem Titel 'Blake the Drake and the Enchanting Egg" übersetzen lassen. Die Version war bei Amazon in den USA extrem erfolgreich: "Es war mehrere Wochen lang ein Bestseller und sogar für kurze Zeit die Nummer eins bei den 'Neuzugängen bewegende Kinderbücher'", freut sich Hilscher, der derzeit eine Psychotherapie-Ausbildung absolviert.
„"Ich will mehr Sichtbarkeit von Regenbogenfamilien generieren und die Menschen auf charmante Art mit diesem Thema konfrontieren, schließlich ist es Teil unserer Gesellschaft" - Michael Hilscher“
Mit seiner einfühlsamen Geschichte will der 42-Jährige aber nicht "die Leute bekehren": "Ich will mehr Sichtbarkeit von Regenbogenfamilien generieren, ein Bewusstsein dafür entwickeln. Und die Menschen auf charmante Art mit diesem Thema konfrontieren, schließlich ist es Teil unserer Gesellschaft", meint Hilscher.
Schon mit 30 Jahren sah sich Hilscher als alleinerziehender Papa – doch das Schicksal hatte Anderes mit ihm vor: "Ein paar Wochen vor Mias Geburt lernte ich auf einer Pre-Party zum Life Ball Sebastian kennen. Beim zweiten oder dritten Date habe ich ihm dann erzählt, dass ich demnächst Papa werde. Als Mia dann geboren wurde, und ich zu ihr gereist bin, hat Sebastian mir einen Brief ins Hotel geschickt – dieser war an Mia gerichtet, er war herzzerreißend", erinnert sich Hilscher.
„"Die ersten Jahre hat mich Mia nur Sebastian genannt. Dann hat sich plötzlich ein Schalter bei mir umgelegt. Mia nennt mich heute Papi und Michael Papa" - Sebastian Hilscher“
Als Hilscher dann mit Mia aus dem Ausland zurückkam, traf er sich gleich mit Sebastian: "Wir haben sehr viel Zeit miteinander verbracht. Er hat sich gemeinsam mit mir um Mia gekümmert – Fläschchen gegeben, sie gewickelt. Es war eine herausfordernde Zeit. Ich bin damals um 4 Uhr Früh aufgestanden, um Arbeit und die Versorgung von Mia unter einen Hut zu bekommen. Der Schlafentzug war schlimm", erinnert sich der 42-Jährige.
Auch für Sebastian (33) war diese Zeit nicht leicht, er wurde quasi von heute auf morgen in ein Familienleben hineinkatapultiert: "Es hat etwa zwei Jahre gedauert, bis ich wirklich angekommen bin. Die ersten Jahre hat mich Mia nur Sebastian genannt. Dann hat sich plötzlich ein Schalter bei mir umgelegt, jetzt passt es. Mia nennt mich heute Papi und Michael Papa, gefühlt war ich immer schon ihr Vater", meint der 33-Jährige.
„"Hey, du kannst raten: Hab' ich eine Mama und einen Papa oder zwei Papas?" - Mia Hilscher“
Auch Mia (7) kommt mit der (Familien-)Situation gut zurecht: "Im Kindergarten kamen natürlich die ersten Fragen: 'Wo ist deine Mama?' Sie hat dann super reagiert und gesagt: 'Ich hab' zwei Papas!' Heute geht sie schon auf andere Kinder zu und meint: 'Hey, du kannst raten: Hab' ich eine Mama und einen Papa oder zwei Papas?'", so Hilscher. Doch Regenbogen-Familien sind nach wie vor noch nicht ganz in der Gesellschaft angekommen: "Wir sehen bei anderen Eltern immer wieder viele Fragezeichen. Wir wünschen uns einfach, dass es normal, dass es kein Thema mehr ist", erklärt Hilscher.
Zahlreiche Eindrücke aus dem Familien-Alltag liefern Hilscher und sein Mann auf dem Instagram-Account "mikeandsebastian_2dads" – mit Erfolg. Innerhalb von sechs Monaten hatte das Paar über 23.000 Follower, die das Leben der zwei Väter verfolgen: "Eigentlich hat es mit unserem Hochzeitsvideo angefangen. Wir haben vergangenes Jahr im Juli auf Bora Bora geheiratet und ein Video davon auf Youtube gestellt. Über 220.000 Mal wurde das Video angeklickt. Weil das so erfolgreich war, haben wir uns gedacht, wir starten einen Instagram-Account. Jeden Tag bekomme ich hunderte Nachrichten, die ich alle persönlich beantworte. Ich will anderen Hoffnung geben und zeigen, dass jeder eine eigene Familie haben kann", führt Hilscher aus.
Zweites Kind ist geplant
Auch bei dem 42-Jährigen ist die Familienplanung noch nicht abgeschlossen: "Seit zwei Jahren probieren wir, ein zweites Kind zu bekommen. Die künstliche Befruchtung findet derzeit statt. Mia kann es kaum erwarten und fragt schon: 'Wann kommt mein Geschwisterchen?' Der große Altersabstand ist für uns kein Problem, es fühlt sich so einfach richtig an", freut sich Hilscher schon auf den Zuwachs. Und vielleicht bekommt dann ja auch die kleine Mia Ente noch eine Schwester oder einen Bruder …