Ukraine
Putin-Truppen bereiten sich auf nächste Rückschläge vor
Der Rückzug aus Cherson markiert eine Wende in der russischen Kriegsstrategie. Bis tief hinter der Front lässt der Kreml nun Stellungen ausheben.
Nach dem völligen Rückzug vom Westufer des Dnipro und der Großstadt Cherson rechnen die Truppen Wladimir Putins offenbar mit weiteren erfolgreichen Vorstößen der ukrainischen Armee. Die Flucht über den Fluss hat den Russen ihren einzigen Brückenkopf gekostet und gleichzeitig eine Wende eingeläutet.
Anstatt vorzurücken, haben sich die Kreml-Soldaten auf weiten Teile der Front aufs Einigeln verlegt, um Zeit für die Nachbesetzung Gefallener und Verwundeter mit frisch mobilisierten Reservisten zu bekommen.
Defensive im Süden
Russische Einheiten heben inzwischen Schützengräben selbst im Hinterland aus, einige dieser Anlagen liegen teils bis zu 60 Kilometer von der momentanen Frontlinie entfernt. Selbst auf der 2014 illegal annektierten Halbinsel-Krim werden Verteidigungsstellungen ausgehoben.
Putins Soldaten würden sich in der Ukraine offenbar darauf ein, weitere Gebietsverluste durch die ukrainische Gegenoffensive hinnehmen zu müssen, schlussfolgert das britische Verteidigungsministerium in seiner täglichen Analyse des Kriegsgeschehens. Die Angst eines ukrainischen Vorstoßes auf die Krim ist offenbar in der russischen Generalität durchaus real.
Offensive im Osten
Selbst die Wagner-Söldner haben schon im Oktober im Osten mit der Errichtung eines Verteidigungswalls – von russischen Medien "Wagner-Linie" genannt – begonnen.
Die im Gegensatz zur regulären Armee top ausgerüsteten Paramilitärs unter der Führung von Jewgeni Prigoschin rücken gleichzeitig weiter auf Bakhmut vor.
Die Briten rechnen damit, dass ein Teil der zurückgezogenen Truppen aus Cherson nun nach Bakhmut geschickt wird, um die dortige Wagner-Offensive zu unterstützen.
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IAEA fordert Russen-Abzug aus AKW
Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat unterdessen Russland zur Aufgabe des besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja aufgefordert.
Moskau solle sein militärisches und ziviles Personal sofort abziehen und seinen "unbegründeten Besitzanspruch" auf das AKW im Südosten der Ukraine aufgeben, hieß es in einer Resolution, die das Gremium am Donnerstagabend in Wien verabschiedete.
Der Gouverneursrat zeigte sich auch äußerst besorgt, dass ukrainische Mitarbeiter der Anlage von russischer Seite unter Druck gesetzt würden, und dass es auch zu Festnahmen gekommen sei.
Die nunmehr dritte IAEA-Resolution gegen Russland seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine wurde laut Diplomaten von 24 Staaten unterstützt. China und Russland stimmten dagegen. Sieben Länder enthielten sich der Stimme, darunter Saudiarabien, Indien und Pakistan.
Eine mögliche Suspendierung oder Beschränkung der russischen IAEA-Mitgliedschaft, wie sie unter anderem von Polen gefordert worden war, wurde in dem Dokument nicht erwähnt.
Mehr als zehn Millionen Ukrainer ohne Strom
In der Ukraine ist es nach erneutem russischen Beschuss am Donnerstag ukrainischen Angaben zufolge zu massiven Stromausfällen gekommen. "Im Moment sind mehr als zehn Millionen Ukrainer ohne Strom", sagte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in seiner täglichen Videobotschaft. Insbesondere die Regionen Odessa, Kiew, Winnyzja und Sumy seien von den Stromausfällen betroffen, erläuterte er.
Die Ukraine meldete russische Angriffe auf mehrere Städte. Zuletzt hatten die russischen Streitkräfte wiederholt die Energie-Infrastruktur der Ukraine angegriffen. Unterdessen fiel in Kiew der erste Schnee. Der örtliche Gouverneur warnte, die Situation könne bei Temperaturen von bis zu minus zehn Grad "schwierig" werden.